Der Einbruch der Wirtschaft infolge der Corona-Pandemie dürfte in Ostdeutschland etwas schwächer ausfallen als im Westen – Implikationen der Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020 und amtlicher Länderdaten für die ostdeutsche Wirtschaft

Autoren Oliver Holtemöller

Die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose konstatiert in ihrem Frühjahrsgutachten, dass die Konjunktur in Deutschland und in der Welt als Folge der Corona-Pandemie einbricht. Die meisten Staaten schränken die wirtschaftliche Aktivität stark ein, um die Zahl der Neuinfektionen zu senken. In Ostdeutschland sind die Maßnahmen ebenso einschneidend wie anderswo in Deutschland, auch wenn die Zahl der Infektionen im Westen gegenwärtig etwas höher liegt. Allerdings wirken sich die Restriktionen auf die einzelnen Wirtschaftszweige unterschiedlich aus, und weil sich deren Anteile an der Gesamtproduktion in Ostdeutschland von denen in Gesamtdeutschland unterscheiden (vgl. Tabelle), dürften die Restriktionen auch etwas unterschiedliche Wirkungen haben.

Insbesondere hat das vom Einbruch besonders betroffene Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutschland mit etwa 16% ein geringeres Gewicht als in Deutschland insgesamt (23%), während die öffentlichen Dienstleister, deren Produktion recht stabil bleiben dürfte, im Osten mit einem Anteil von 25% eine größere Rolle spielen als im Westen (18%). Deshalb dürfte die Produktion in Ostdeutschland im Jahr 2020 etwas weniger deutlich sinken, nach dieser Prognose um 3,4% (Gesamtdeutschland: 4,2%). Im Jahr 2021 dürfte der Zuwachs, der sich aus einer Normalisierung der Lage ergibt, dement-sprechend mit 5% geringer ausfallen als in Deutschland insgesamt (5,8%). Die ostdeutsche Arbeitslosenquote nach der Definition der Bundesagentur für Arbeit steigt von 6,4% im Jahr 2019 auf 6,8% im Jahr 2020, im Jahr 2021 dürfte sie 6,5% betragen.

„Die Krise trifft Ostdeutschland in insgesamt recht guter konjunktureller Verfassung. Im Jahr 2019 hat hier die Produktion um 1,3% und damit deutlich kräftiger als in Gesamtdeutschland (0,6%) zugelegt“, so Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Er ergänzt allerdings, dass der Zuwachs in den Flächenländern nicht höher war als der gesamtdeutsche; der Vorsprung ging allein auf die hohe Expansionsrate von 3% in Berlin zurück. Die Wirtschaft der Hauptstadt hat damit sechs Jahre in Folge deutlich stärker expandiert als in Gesamtdeutschland, und je Einwohner lag das Berliner Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019 zum ersten Mal seit dem Jahr 2000 wieder etwas über dem Bundesdurchschnitt. In Ostdeutschland insgesamt erreichte das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner zuletzt 79% des gesamtdeutschen Niveaus.

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Zugehörige Publikationen

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Wirtschaft unter Schock – Finanzpolitik hält dagegen: Gemeinschaftsdiagnose Frühjahr 2020

Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose

in: Dienstleistungsauftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, 1, 2020

Abstract

Die Konjunktur in Deutschland bricht als Folge der Corona-Pandemie drastisch ein. Um die Infektionswelle abzubremsen, hat der Staat die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland stark eingeschränkt. Deshalb dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 4,2% schrumpfen. Die Rezession hinterlässt deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt und im Staatshaushalt. In der Spitze wird die Arbeitslosenquote auf 5,9% und die Zahl der Kurzarbeiter auf 2,4 Millionen hochschnellen. Die finanzpolitischen Stabilisierungsmaßnahmen führen in diesem Jahr zu einem Rekord defizit im gesamtstaatlichen Haushalt von 159 Mrd. Euro. Nach dem Shutdown wird sich die Konjunktur schrittweise erholen. Entsprechend fällt der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im kommenden Jahr mit 5,8% kräftig aus. Mit dieser Prognose sind erhebliche Abwärtsrisiken verbunden, etwa, weil sich die Pandemie deutlich langsamer abschwächen lässt, oder weil das Wiederhochfahren der wirtschaftlichen Aktivität schlechter gelingt als angenommen bzw. eine erneute Ansteckungswelle auslöst.

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