Aufmacher hui – Qualität pfui Fehlerhafte Darstellung der Qualität der IWH-Prognosen im Handelsblatt

In der Ausgabe vom 09.01.2017 schreibt das Handelsblatt (Norbert Häring: „Neues Jahr, neues Glück“), dass die Konjunkturprognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute kaum besser seien als eine bloße Fortschreibung der Vorjahreswerte (naive Prognose). Beispielhaft wird eine Graphik („Wachstum hui, Inflation pfui“) zur Prognose der Inflationsrate gezeigt, in der das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) besonders schlecht abschneidet. Oliver Holtemöller, Vizepräsident des IWH und verantwortlich für die IWH-Konjunkturprognosen, stellt hierzu klar: „Die Darstellung des Handelsblatts zur Güte der IWH-Inflationsprognose ist falsch. Der Fehler ist auf handwerkliche Mängel in der wissenschaftlichen Studie zurückzuführen, auf die sich das Handelsblatt beruft.“ Tatsächlich können die Institute die Inflation (und andere wichtige Indikatoren) genauer vorhersagen als eine naive Prognose.

Autoren Oliver Holtemöller

In einem Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung, das dem Handelsblattbeitrag zugrunde liegt, haben Ulrich Fritsche und Artur Tarassow von der Universität Hamburg die Konjunkturprognosen großer deutscher Wirtschaftsforschungsinstitute (einschließlich der von den Instituten im Verbund erstellten Gemeinschaftsdiagnose) hinsichtlich ihrer Vorhersagequalität verglichen. Begutachtet wurden die Prognosen für wichtige volkswirtschaftliche Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt, die Konsumausgaben, Investitionen, Exporte und Importe, die Arbeitslosenquote sowie die Verbraucherpreisinflation für den Zeitraum von 2005 bis 2014.

Die Darstellung des Handelsblatts zur Güte der IWH-Inflationsprognose ist falsch. Der Fehler ist auf handwerkliche Mängel in der wissenschaftlichen Studie zurückzuführen, auf die sich das Handelsblatt beruft.

Allerdings ist die Auswertung der Daten bezüglich der Inflationsprognose fehlerhaft, wie bereits in der Diskussion mit den Autoren geklärt werden konnte. Die Fehler ergeben sich vor allem aus Mängeln bei der Berechnung der Kennziffer (Theil’s U), die die Prognosefehler ins Verhältnis zum Prognosefehler einer Referenzprognose setzt. Als Referenzprognose wird eine naive Prognose in Form der Vorjahreswerte angenommen. Bei korrekter Berechnung zeigt sich, dass das IWH und die anderen Institute die Inflation (und andere wichtige Indikatoren) genauer vorhersagen als eine naive Prognose.

Dies zeigt auch ein Vergleich der jeweiligen IWH-September-Prognose mit der der Gemeinschaftsdiagnose im Oktober für den Zeitraum von 2005 bis 2014. Die Ge-meinschaftsdiagnose wird im Handelsblattbeitrag als vergleichsweise treffsicher hervorgehoben. Gleichwohl weichen die Inflationsprognosen des IWH – entgegen der Darstellung von Fritsche und Tarassow – kaum von denen der Gemeinschaftsdiagnose ab (vgl. Abbildung 1). Jedoch ergeben sich erhebliche Unterschiede zur naiven Prognose, wie die RMSE-Werte und Theil’s-U-Kennzahlen zeigen (vgl. Abbildung 2 und die Erläuterung dort).

Gemäß Fritsche und Tarassow liegt das IWH bei Betrachtung aller evaluierten Aggregate (Multivariate Analyse) im Vergleich der betrachteten Prognostiker sogar auf einem guten dritten Platz.

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