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Die Krise der Eurozone ist eine vierfache
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Die Maßnahmen der EZB sind richtig, aber...
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Vorschläge zur Geldpolitik Auf einer Seite lesen

Diese vier Krisen, die eng zusammenhängen und sich gegenseitig verstärken, werden sich nicht von selbst lösen. Die EZB ist eine der wenigen Institutionen, die zur Lösung beiträgt. Sie folgt dabei ihrem Mandat: Sie soll mittels geldpolitischer Instrumente Preisstabilität in der mittleren Frist gewährleisten. Die Gründe für dieses Mandat sind zweierlei. Erstens sind stabile Preise eine notwendige Voraussetzung für eine gesunde und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Nachfrage. Eine zu geringe Preisentwicklung erhöht auch die Realzinsen. Das dämpft die Auslastung und tendenziell auch das mittelfristige Wachstumspotenzial. Zweitens erlaubt eine stabile Preisentwicklung Planungssicherheit für private Haushalte, Tarifvertragsparteien, Unternehmen und Investoren, die darauf angewiesen sind, um langfristige Verträge eingehen zu können.

Von der EZB wird Preisstabilität als Inflation knapp unter 2% definiert - ähnlich wie viele andere Zentralbanken dies tun. Dieses Ziel verfehlt die EZB nicht nur im Moment deutlich; es scheint auch auf absehbare Zeit außer Reichweite: Markt- und umfragebasierte Inflationserwartungen für die nächsten Jahre bleiben deutlich unter dieser Marke. Würde die EZB unter diesen Umständen nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen, würde sie schlicht ihr Mandat verletzen und zudem ihre Glaubwürdigkeit riskieren.

Geldpolitik ist aber kein Allheilmittel, das ohne Nebenwirkungen ist. Geldpolitik hat immer auch Verteilungseffekte. Hinzu kommen potenzielle Risiken für die Finanzstabilität: Niedrigere Zinsmargendrücken auf die Ergebnisse von Banken, verführen möglicherweise zum Eingehen von höheren Risiken. Auch können niedrige Zinsen zu Blasen bei Vermögenspreisen führen.

All dies ist richtig und wirft doch die Frage auf, was passieren würde, wenn die EZB stattdessen nichts täte, wie es einige deutsche Kritiker offenbar gerne sähen. Was wäre geschehen, wenn die EZB ihre Stützungsprogramme nicht implementiert hätte? Die schwedische Riksbank, beispielsweise, hat sich in den vergangenen Jahren, aus Sorge um die Finanzstabilität, lange gegen Zinssenkungen gestemmt. Das Ergebnis war, dass die Inflation stetig sank und die Riksbank sich später gezwungen sah, die Zinsen umso deutlicher zu senken. Sie liegen heute unter denen der EZB.

Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die niedrigen Zinsen und Ankaufprogramme der EZB über die vergangenen eineinhalb Jahre einen Effekt gehabt haben - sie haben die langfristigen Zinsen gesenkt, in Südeuropa die Kreditvergabe gestärkt, wenn auch wohl zu geringfügig, und den Euro abwerten lassen, was die Exporte (vor allem auch in Deutschland) stützt. Ein "Nichtstun" der EZB hätte dagegen mit hoher Wahrscheinlichkeit noch geringere Inflation, ein noch niedrigeres Wachstum und noch höhere Arbeitslosigkeit zur Folge gehabt. Frühzeitiges und entschiedenes Handeln ist mitentscheidend für den Erfolg der Geldpolitik.

Wir meinen, dass die Maßnahmen der EZB zwar richtig und notwendig, aber nicht hinreichend sind, um die europäische Wirtschaft aus der Krise zu ziehen - dafür haben alle Akteure, inklusive der EZB, zu zögerlich reagiert. Es bedarf neben proaktiver Geldpolitik eines viel entschiedeneren Handelns der Politik an drei anderen Ecken des Vierfachproblems.

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