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Kommentar: Bitcoin?

Selbst nach dem Preisverfall zu Beginn dieses Jahres hätte eine Investition in Bitcoin über die letzten Jahre hinweg betrachtet phantastische Erträge erzielt. Sollte man seine Ersparnisse jetzt also in Bitcoin anlegen? Oder sind die Preisrückgänge warnendes Anzeichen für das bevorstehende Platzen der Blase und einen Wert von null, wie der bekannte Ökonom Muriel Roubini kürzlich meinte?

14. März 2018

Autoren Reint E. Gropp

Um die Frage zu beantworten, soll zunächst noch einmal erklärt werden, was Bitcoin eigentlich ist. Bitcoin ist das bekannteste Beispiel für eine so genannte Kryptowährung: ein Vermögensgegenstand ohne intrinsischen Wert, der aus einem digitalen Eintrag auf einem Computer besteht. Und dieser Eintrag ist – im Gegensatz zum Beispiel zu Buchgeld bei einer Bank – anonym, kann also keiner Person zugeordnet werden. Um Zugang zu einem Bitcoin zu bekommen, benötigt man lediglich ein kryptographisches Passwort.

Eine spannende Sache, aber wofür braucht man dieses virtuelle Geld? Man kann mit Bitcoin für einige Dinge online bezahlen, allerdings kann man das auch mit einer Kreditkarte oder mit PayPal. Der Vorteil einer Zahlung mit Bitcoin ist nur, dass keiner sehen kann, was man kauft oder verkauft. Bitcoin ist also das Äquivalent einer 500-Euro-Banknote: nützlich hauptsächlich dann, wenn man Steuern unterschlagen, Waffen kaufen oder eine andere illegale Transaktion durchführen möchte. Grundsätzlich könnte Bitcoin also Bargeld bei großen Transaktionen ersetzen, wo zuvor Koffer gefüllt mit Geldscheinen nötig waren. Allerdings unterscheidet sich Bitcoin in einem ganz entscheidenden Punkt von einer 500-Euro-Note: Es hat keinen Bezug zur Realwirtschaft. Obwohl Euro oder US-Dollar nicht mehr mit Goldreserven gedeckt, also so genanntes Fiatgeld sind, besteht ihr Wert doch darin, dass die Regierungen in der Eurozone und in den USA Steuerzahlungen in Euro bzw. Dollar akzeptieren. Beide Währungen haben außerdem Zentralbanken, die versuchen, ihren Wert stabil zu halten, also Inflation und Deflation zu vermeiden. Man kann ziemlich sicher sein, dass man für eine 500-Euro-Note auch im nächsten Jahr noch mehr oder weniger das Gleiche kaufen kann wie zurzeit.

Der Wert von Bitcoin wird weder von irgendeiner Regierung als Steuerzahlung akzeptiert noch gibt es eine Zentralbank, die starke Wertschwankungen zu vermeiden sucht. Bitcoins haben also überhaupt keinen intrinsischen Wert! Daher auch die riesigen Wertschwankungen in den letzten Monaten. Der Wertverlust von mehr als 60% seit Mitte Dezember letzten Jahres würde einer Jahresinflation von über 1 000% entsprechen. Auch ihre Anonymität, die es einzelnen großen Investoren relativ leicht macht, ihren Wert zu manipulieren, erklärt möglicherweise die beobachteten extremen Wertschwankungen von Bitcoins in den letzten Monaten.

Bitcoin ist am ehesten mit einem Pyramidenspiel (oder „Ponzi Game“) zu vergleichen, ähnlich dem, mit dessen Hilfe auch Bernie Madoff seine Anleger um geschätzte 65 Mrd. US-Dollar betrogen hat. Bei solchen Spielen erzielen die ersten, die investieren, hervorragende Erträge. Allerdings werden diese Erträge aus Einzahlungen der neuen, nachfolgenden Investoren finanziert. Sobald aber der Zustrom neuen Geldes versiegt, bricht das Gebilde ganz plötzlich zusammen, die Blase platzt und alle, die noch investiert sind, verlieren ihre gesamte Investition.

Man sollte es also tunlichst vermeiden, in Bitcoins zu investieren. Bitcoins werden kein gutes Ende nehmen.

Außerdem in diesem Heft

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Aktuelle Trends: Nach wie vor große Branchenunterschiede bei der Weiterbildung

Eva Dettmann

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2018

Abstract

Seit dem Ende der Finanzkrise steigt der Anteil der Beschäftigten, deren Weiterbildung vom Betrieb unterstützt wird, wieder kontinuierlich an. Der aktuelle Wert liegt bei ca. einem Drittel der Beschäftigten in Gesamtdeutschland. Die Weiterbildungsquote ostdeutscher Beschäftigter liegt aktuell bei 35% gegenüber 33% der westdeutschen Beschäftigten.

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Welche Faktoren verzögern die Umsetzung der Bankenunion?

Michael Koetter Thomas Krause Lena Tonzer

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2018

Abstract

Die Europäische Kommission hat weitreichende Reformen zur Regulierung und Überwachung des europäischen Bankensektors beschlossen, um die Stabilität europäischer Banken zu gewährleisten. In den meisten Mitgliedsländern verzögert sich allerdings die Umsetzung der zugrunde liegenden Richtlinien der Europäischen Kommission. Dieser Beitrag geht den Gründen für diese Verzögerung nach. Es zeigt sich, dass insbesondere bereits existierende Regulierungen und institutionelle Rahmenbedingungen das Tempo der Umsetzung entscheidend bestimmen. Entgegen populären Meinungsäußerungen sind die Struktur der Bankensektoren in den Mitgliedstaaten und politische Faktoren hingegen von nachrangiger Bedeutung.

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Die Mär vom egoistischen Ökonomen – Wie Ökonomen auf Anreize reagieren

Dmitri Bershadskyy

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2018

Abstract

Menschen, die über ökonomische Bildung verfügen, reagieren stärker auf wirtschaftliche Anreize. Entgegen der verbreiteten Annahme handeln Ökonomen jedoch nicht egoistischer als Nicht-Ökonomen, wenn es darum geht, gemeinsam ein öffentliches Gut zu finanzieren. Mit Hilfe eines Experiments, in dem die Teilnehmer echtes Geld gewinnen konnten, wird gezeigt, dass Ökonomen sich stärker an den vorliegenden Anreizstrukturen orientieren. Auf der einen Seite tragen Ökonomen am Anfang leicht höher zu dem öffentlichen Gut bei und fangen signifikant später an, von der sozial optimalen Strategie abzuweichen. Auf der anderen Seite leisten Ökonomen zum Ende des Experiments, wenn Trittbrettfahrerverhalten weniger Konsequenzen hat, deutlich geringere Beiträge als Nicht-Ökonomen. Im zweiten Teil des Experiments wird den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben, in eine Erleichterung der kooperativen Finanzierung des öffentlichen Guts zu investieren, wobei zwischen einem investitionsfreundlichen (Geld-zurück-Garantie) und einem weniger investitionsfreundlichen Szenario (keine Garantie) unterschieden wird. Das Experiment zeigt, dass die Probanden mit ökonomischer Ausbildung auf diesen kleinen Unterschied in den Anreizstrukturen stärker reagieren.

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