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Die Arbeitslosenquote für Jugendliche
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Söhne arbeitsloser Väter sind häufiger selbst arbeitslos – entscheidend ist der Familienhintergrund

Die Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Söhne arbeitsloser Väter sind im Alter von 17 bis 24 Jahren häufiger selbst arbeitslos als Söhne, deren Väter eine Beschäftigung hatten. Jedes Jahr mehr an väterlicher Arbeitslosigkeit im Alter zehn bis 15 Jahre des Sohnes erhöht die Arbeitslosigkeit des Sohnes um etwa ein Drittel (bezogen auf die mittlere Jugendarbeitslosigkeit in der Stichprobe). Dieser Zusammenhang ist statistisch hochsignifikant; ob er durch gemeinsame Merkmale der Väter und Söhne verursacht wird oder durch die Arbeitslosigkeitserfahrung des Vaters, kann aus dieser Zahl jedoch nicht abgelesen werden.

Ein erster Schritt in Richtung kausaler Interpretierbarkeit besteht darin, die oben benannten Kontroll­variablen einzufügen. Zwar bleibt der Zusammenhang statistisch signifikant, allerdings führt die Aufnahme von Kontrollvariablen zu seiner Halbierung. Dieser Koeffizient bedeutet, dass auch in Schulabschluss, Alter und weiteren Merkmalen vergleichbare Söhne (mit zudem vergleichbaren beobachtbaren Vatermerkmalen) häufiger arbeitslos sind, wenn ihr Vater arbeitslos war. Auch dieser Zusammenhang ist noch nicht als kausaler Zusammenhang interpretierbar, da der familiäre Hintergrund auch unbeobachtbare Merkmale umfasst, wie z. B. Motivation, Wertvorstellungen und Einstellungen zu Arbeit.

Die beiden Methoden zur Bestimmung kausaler Effek­te (vgl. Kasten) können dieses Problem unter bestimmten Annahmen beheben. Sowohl die Instrumentvariablenschätzung als auch der Gottschalk­Ansatz finden keinen Zusammenhang mehr zwischen der Arbeitslosigkeit des Vaters und späterer Arbeitslosigkeit des Sohnes. Das bedeutet, dass Arbeitslosigkeit des Vaters die Arbeitslosigkeit des Sohnes nicht erhöht, sondern dass die positive Korrelation vielmehr durch unbeobachtbare Familienmerkmale verursacht wird.

Vater-Sohn-Zusammenhang ist schwächer im Osten Deutschlands – bei Migrationshintergrund verschwindet er ganz

Hinter den für Gesamtdeutschland geltenden Durchschnittseffekten verbergen sich für wichtige Subgruppen durchaus unterschiedliche Ergebnisse. So besteht kein Zusammenhang zwischen der Arbeitslosigkeit von Söhnen und Vätern bei Familien mit Migrationshintergrund. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass in diesen Familien eine größere soziale Mobilität zwischen den Generationen besteht, was in Bezug auf die Bildungswege bereits in verschiedenen Studien gezeigt werden konnte. Außerdem ist bemerkenswert, dass der Zusammenhang im Osten Deutschlands weit schwächer ausgeprägt ist als im Westen. Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland insgesamt weiter verbreitet ist und arbeitslose Familien sich daher nicht so stark von der Durchschnittsbevölkerung abheben. Denkbar ist auch, dass die Umbruchsituation in Ostdeutschland nach der deutschen Vereinigung den engen Zusammenhang zwischen den Arbeitsmarkterfolgen von Eltern und Kindern gelockert hat.

Die Arbeitslosigkeitsdauer der Söhne hängt stark von der väterlichen Bildung ab: Söhne von geringqualifizierten Vätern sind durchschnittlich 0,73 Jahre arbeitslos, Söhne hochqualifizierter Väter nur 0,07 Jahre. Daher wäre es schlecht für die Söhne ungebildeter Väter, wenn für sie die intergenerationale Korrelation der Arbeitslosigkeit stark ist. Jedoch zeigt sich, dass der Vater-Sohn-Zusammenhang für geringqualifizierte Väter nicht nachweisbar ist. Stattdessen ist der Vater-Sohn-Zusammenhang für mittlere Bildungsniveaus am höchsten. Weitere Analysen zeigen, dass Vatermerkmale wie Alter und Bildung für die inter­generationale Transmission wichtiger sind als Familienmerkmale wie z. B. die Anzahl der Geschwister oder Migrationshintergrund.

Implikationen für die Wirtschaftspolitik

Die Ursache für die Arbeitslosigkeit der Söhne ist nicht in der Arbeitslosigkeit der Väter selbst, sondern in gemeinsamen familiären Faktoren zu suchen, die zu einer höheren Arbeitslosigkeit von Vätern und Söhnen führen. Damit wird ein international wiederholt gezeigtes Ergebnis erstmals für Deutschland bestätigt. Dieser Befund bedeutet, dass Jugendarbeitslosigkeit nicht wie häufig vermutet durch väterliche Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Begleiterscheinungen, wie familiäre Spannungen oder reduzierte finanzielle Mittel für Bildungsinvestitionen, verursacht wird. Eine Einflussnahme auf die Arbeitslosigkeit der Väter wird daher vermutlich nicht zu einer Reduktion der Jugendarbeitslosigkeit führen. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit muss vielmehr auch in Deutschland direkt bei den Jugendlichen und ihren Milieufaktoren ansetzen. Welche Milieufaktoren entscheidend sind, können die in dieser Studie verwendeten Daten allerdings nur zum Teil beantworten. Auch die Bestimmung geeigneter Angebote an betroffene Jugendliche muss künftiger Forschung überlassen werden. 

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Von der Transformation zur europäischen Integration: Auf dem Weg zu mehr Wachstumsdynamik – ein Tagungsbericht

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