IWH-Insolvenztrend: Jahresstart mit niedrigeren Insolvenzzahlen, doch Anstieg in nächsten Monaten erwartet

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist im Januar im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen, zeigt die aktuelle Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Für die kommenden Monate ist jedoch mit mehr neuen Insolvenzverfahren zu rechnen.

Authors Steffen Müller

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Januar bei 775. Das sind etwa 12% weniger Insolvenzen als im Dezember, aber 29% mehr als im Januar 2022 (vgl. Abbildung 1). Die Abbildungen im Insolvenztrend zeigen ab sofort zusätzlich als Vergleich den Mittelwert von Insolvenzen und betroffenen Arbeitsplätzen für Personen- und Kapitalgesellschaften für die Jahre 2016 bis 2019, also für den Zeitraum vor der Corona- und der Energiekrise. Die Zahl der Firmenpleiten liegt im Januar 14% unter dem Durchschnitt der Vorkrisenjahre 2016 bis 2019.

Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im Januar gemeldet wurde, etwa 8.700 Arbeitsplätze betroffen waren (vgl. Abbildung 2). Die Zahl der betroffenen Beschäftigten liegt damit sowohl deutlich über dem Vorjahreswert als auch über dem langjährigen Mittel. Mit knapp 4.000 Jobs waren erneut Industriearbeitsplätze überproportional stark betroffen.

Seit Januar 2023 arbeitet das IWH mit einer verbesserten Datenquelle zur Berechnung der betroffenen Arbeitsplätze und hat im Zuge dessen auch rückwirkend Beschäftigtenzahlen angepasst. Für Details siehe den Methodenteil auf www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

„Wir erwarten für die nächsten Monate höhere Insolvenzzahlen“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung. „Die Zahl der Insolvenzen könnte im Frühjahr 2023 wieder das langjährige Mittel erreichen.“ Neben hohen Energiepreisen belasten hohe Lohnabschlüsse und gestiegene Refinanzierungskosten zunehmend die Bilanzen der Unternehmen. Wenn dadurch schwächere Unternehmen schließen müssen, ist das im Einzelfall schmerzhaft. Allerdings werden dadurch Arbeitskräfte frei, die in zukunftsfähigen Unternehmen dringend benötigt werden. „Der Marktaustritt nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen ist unverzichtbar für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt“, sagt Steffen Müller.

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die monatliche Zahl der Regelinsolvenzen schwankt sehr viel stärker als die Zahlen des IWH-Insolvenztrends.

Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung

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