Zwecklose Aufgaben frustrieren Arbeitskräfte nachhaltig

Wenn Beschäftigte erfahren, dass eine bereits erledigte Aufgabe sinnlos war, strengen sie sich bei zukünftiger Arbeit weniger an. Wird jedoch ein neuer Zweck für die getane Arbeit kommuniziert, bleiben sie motiviert. Dies fanden Sabrina Jeworrek vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und Koautoren mit Hilfe eines großangelegten Experiments heraus.

Autoren Sabrina Jeworrek

Zu wissen, dass ihre vorangegangene Arbeit keinen Sinn hatte, beeinträchtigt die Motivation von Beschäftigten, sich in Zukunft im Job zu bemühen. Das ist das Ergebnis eines verhaltensökonomischen Experiments der IWH-Ökonomin Sabrina Jeworrek und Koautoren. Zwar ist längst bekannt, dass Beschäftigte Einstellung und Verhalten am Arbeitsplatz davon abhängig machen, ob sie ihre momentanen Aufgaben für bedeu­tungsvoll halten. „Meistens erfährt man aber erst im Nachhinein, dass die Arbeit umsonst war. Denken Sie zum Beispiel an ein Team aus Softwareentwicklern, denen mitgeteilt wird, dass ihr mühsam geschriebener Programmcode bald vollkommen veraltet sein wird“, erklärt Jeworrek. „Bisher hat noch niemand erforscht, wie sich solche Erfahrungen auf die Beschäftigten auswirken.“

Die Daten des Experiments zeigen, dass sich die Bedeutsamkeit einer vorangegange­nen Aufgabe sehr stark darauf auswirkt, wie motiviert Angestellte in Zukunft arbeiten. „Außerdem scheinen die Beschäftigten ihren Führungskräften sogar das Scheitern eines Projekts zu verzeihen, wenn ein neuer Zweck glaubhaft kommuniziert wird. Das kann den Verlust des ursprünglichen Sinns sogar vollständig kompensieren,“ so Jewor­rek. Für die Menschen spielt nicht nur das durch die Arbeit verdiente Geld eine Rolle, sondern auch, ob ihre persönliche Investition in die Arbeit einen Sinn hatte. Vorge­setzte wären also gut beraten, diesen Umstand zu beachten. „Ein Unternehmen sollte kurzfristige Verluste in Kauf nehmen und eine neue Verwendungsmöglichkeit für die bereits erledigte Arbeit suchen. Diese Verluste dürften niedriger ausfallen als die Kos­ten, die auf lange Sicht durch demotivierte Angestellte entstehen.“

IWH-Präsident Reint E. Gropp sieht in den Ergebnissen einen wichtigen Beitrag zur IWH-Forschungsagenda: „Diese Untersuchung zeigt zum ersten Mal systema­tisch, dass die Kommunikation von Vorgesetzten zu Beschäftigten direkte Effekte auf deren Produktivität hat, und zwar vor allem in schwierigen Situationen.“

Zusätzlich zur Motivation untersuchten die Ökonominnen und Ökonomen auch, ob die Bedeutsamkeit einer Aufgabe beeinflusst, wie sich Angestellte am Arbeitsplatz fühlen. „Diejenigen, die erfahren mussten, dass ihre Arbeit umsonst war, waren deutlich enttäuschter, schockierter und aufgewühlter. Sie neigten auch dazu, sich ersetzbarer zu fühlen als ihre Kolleginnen und Kollegen, denen Bedeutung ihrer Arbeit vermittelt wurde“, so die IWH-Ökonomin. Diese Emotionen scheinen jedoch in keiner klaren Beziehung zur Arbeitsmotivation zu stehen.

Im September 2013 unterstützten 140 Hilfskräfte eine Forschungseinrichtung bei der Inventarisierung einer Sammlung von Geschäftsberichten. Ziel der Aktion war der Aufbau einer Datenbank für die Forschung. Als das Projekt unerwartet eingestellt wurde, ermöglichte das den Forscherinnen und Forschern um Sabrina Jeworrek das Anlegen eines großen Experiments. Unter realistischen Umständen untersuchten sie, wie sich die Bedeutung der Arbeit auf die zukünftige Motivation der betroffenen Angestellten auswirkte. Dazu luden sie eine Woche nach Ende der Inventur die Beschäftigten ein, an einer Online-Umfrage teilzunehmen und ordneten sie dafür drei Gruppen zu. Während eine Gruppe daran erinnert wurde, wie bedeutungsvoll ihre Aufgabe gewesen war, wurde anderen Angestellten kommuniziert, dass ihr geleisteter Arbeitseinsatz weitestgehend umsonst gewesen war. Einer dritten Gruppe wurde mitgeteilt, dass ihre Arbeit zwar ihren ursprünglichen Sinn verloren hatte, die Daten aber einem neuen Zweck dienen würden. Um finanzielle Anreize auszuschließen, erhielten alle eine leistungsunabhängige Bezahlung für die Teilnahme an der Umfrage.

Veröffentlichungen:
Jeworrek, S.: Arbeit ohne Sinn gefährdet die Produktivität, in: IWH, Wirtschaft im Wandel, Jg. 23 (3), 2017, 49-52.

Chadi, A.; Jeworrek, S.; Mertins, V.: When the Meaning of Work Has Disappeared: Experimental Evidence on Employees’ Performance and Emotions, in: Management Science, Vol. 63 (6), 2017, 1696-1707.

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