Höheres Renteneintrittsalter würde gesetzliche Rentenversicherung langfristig stabiler machen

Die Deutschen werden immer weniger und immer älter – das stellt die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) vor große Herausforderungen. Drei Stellschrauben stehen zur Verfügung, um diesem demographischen Problem entgegenzuwirken: das Anheben des Beitragssatzes zur GRV, das Absenken des Rentenniveaus oder die Erhöhung des Renteneintrittsalters. Eine Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) legt nahe, dass die Deutschen langfristig später in Rente gehen sollten.

Autoren Oliver Holtemöller

Wird das aktuelle Renteneintrittsalter beibehalten und bleibt auch das Rentenniveau konstant, wird der Beitragssatz zur GRV künftig deutlich über dem aktuellen Niveau von 18,7% liegen. Auch aufgrund der ohnehin schon hohen Steuer- und Beitragsbelastung der Arbeitseinkommen hätte ein weiterer Anstieg der Belastung negative ökonomische Konsequenzen. Selbst wenn das Rentenniveau geringfügig sinkt, geht an einer Erhöhung des Renteneintrittsalters kein Weg vorbei, soll der Beitragssatz zur GRV nicht allzu stark steigen.

Die Berechnungen der IWH-Wissenschaftler zeigen, dass das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2030 auf 69 Jahre steigen müsste, wenn den aktuellen politischen Vorschlägen folgend das Rentenniveau auf 48% konstant gehalten würde und der Beitragssatz zur GRV nicht steigen soll. Ab dem Jahr 2034 reichte allerdings selbst ein Renteneintrittsalter von 70 Jahren nicht mehr aus, um den Beitragssatz zur GRV auf heutigem Niveau zu stabilisieren.

Die gesetzliche Rentenversicherung kann begleitend durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung (Beitragszahler in Relation zu den erwerbsfähigen Personen) stabilisiert werden, beispielsweise durch eine weitere Zunahme der Erwerbstätigkeit von Frauen, eine höhere Beschäftigungsquote Älterer oder eine niedrigere Arbeitslosenquote. Dieser Effekt tritt im Übrigen auch ein, wenn die Zuwanderung von Personen im erwerbsfähigen Alter nach Deutschland höher ausfällt als in den Berechnungen des IWH unterstellt.

Das heutige Rentenversprechen geht zu Lasten der jüngeren

Wie die Maßnahmen konkret kombiniert werden ist eine politische Entscheidung. "Keine Maßnahmen zu ergreifen oder gar die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weiter auszuweiten, würde die Finanzierbarkeit der Rentenansprüche", so Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und stellvertretender Präsident am IWH. Unterbliebene Stabilisierungsmaßnahmen oder Leistungsausweitungen heute werden durch zukünftige Beiträge finanziert werden müssen. Im Klartext heißt das, dass heutige Rentenversprechen die älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zulasten der jüngeren begünstigen. Die höheren Rentenversicherungsbeiträge, die daraus in Zukunft resultieren, tragen darüber hinaus die heutigen Kinder.

Keine Maßnahmen zu ergreifen oder gar die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weiter auszuweiten, würde die Finanzierbarkeit der Rentenansprüche.

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Zugehörige Publikationen

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Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung durch Erhöhung des Renteneintrittsalters

Oliver Holtemöller Felix Pohle Götz Zeddies

in: IWH Online, 3, 2016

Abstract

Die deutsche Bevölkerung schrumpft. Im Jahr 2015 lebten 81,6 Millionen Menschen in Deutschland. Nach der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung werden es im Jahr 2030 noch 81,1 Millionen Personen sein, wenn man die aktuellen Geburten- und Sterberaten fortschreibt und einen jährlichen Wanderungssaldo von 200 000 Personen unterstellt. Im Jahr 2060 wird die Bevölkerung unter diesen Annahmen auf 73,3 Millionen Personen zurückgegangen sein.

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