IWH-Insolvenztrend: Insolvenzzahlen bleiben niedrig, mehr Industriejobs von Insolvenz betroffen

Die Anzahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften verharrte im September in der Nähe der historischen Tiefststände. Die Zahl der betroffenen Jobs im Verarbeitenden Gewerbe stieg dagegen deutlich an. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) liefert mit dem IWH-Insolvenztrend ein monatliches Update zum bundesweiten Insolvenzgeschehen.

Autoren Steffen Müller

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften lag laut IWH-Insolvenztrend im September bei 569. Sie stagniert damit auf dem bisherigen Allzeittief aus dem Vormonat (vgl. Abbildung 1). Die Insolvenzzahlen liegen zudem 15% unter den bereits sehr niedrigen Werten aus dem Vorjahresmonat, in dem die Insolvenzantragspflicht noch ausgesetzt war.

Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im September gemeldet wurde, nur etwa 3 700 Jobs betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Jobs liegt zwar höher als im Vormonat, aber 62% unter dem Vorjahreswert (vgl. Abbildung 2).

In den größten 10% der Unternehmen deren Insolvenz seit Januar 2020 gemeldet wurden, waren insgesamt etwa 180 000 Menschen beschäftigt. Der Anteil der Industriearbeitsplätze daran betrug ein Viertel. Im September stieg dieser Anteil überraschend auf 62% an, ohne dass dafür einige wenige Großinsolvenzen verantwortlich gewesen wären.

„Der Verlust eines Industriearbeitsplatzes bedeutet für die Betroffenen oft über viele Jahre anhaltende Lohnverluste“, erklärt Steffen Müller, der am IWH die Abteilung Strukturwandel und Produktivität und die dort angesiedelte Insolvenzforschung leitet, mit Verweis auf eine aktuelle Studie für Deutschland.1 „Verlieren Beschäftigte ihren Job durch die Insolvenz eines größeren Industriebetriebs, müssen sie mit erheblichen und dauerhaften Lohnverlusten rechnen. Die Verluste sind um ein Vielfaches höher als die bei der Insolvenz kleiner Betriebe außerhalb des Verarbeitenden Gewerbes“, so Müller.

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschungsstelle und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

 

 

1 Fackler, D.; Müller, S.; Stegmaier, J.: Explaining Wage Losses after Job Displacement: Employer Size and Lost Firm Wage Premiums, in: Journal of the European Economic Association, 2021.

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