Reformvorschlag: Renten künftig an Verbraucherpreise koppeln

Bislang orientiert sich die jährliche Anpassung der Renten in Deutschland vor allem an der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter. Ein Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenanpassungsformel berücksichtigt zudem den demographischen Wandel, dämpft also die Rentenanpassung bei einer Alterung der Bevölkerung – allerdings bislang nicht genug, um trotz eines sinkenden Rentenniveaus einen deutlichen Anstieg der Beiträge in der Zukunft zu verhindern. Zu dem bestehenden System gibt es durchaus Alternativen. So könnte das Rentenniveau bei Renteneintritt auf dem heutigen Niveau oder sogar etwas darüber fixiert werden und dennoch der Beitragsanstieg gedämpft werden, wenn die Renten derjenigen, die bereits in Rente sind, nur noch mit der Inflationsrate steigen. Der Lebensstandard bliebe dadurch erhalten, so lautet ein Vorschlag Oliver Holtemöllers, Leiter der Abteilung Makroökonomie und Vizepräsident am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Autoren Oliver Holtemöller

 

Der Entwicklung des Rentenniveaus, also des Verhältnisses zwischen Standard­rente und durchschnittlichem Arbeitsentgelt, gilt in der öffentlichen Diskussion besondere Aufmerksamkeit. Ein kontinuierlich sinkendes Rentenniveau wird häu­fig als nicht hinnehmbar angesehen, weil dadurch soziale Härten entstehen kön­nen. Soll das Rentenniveau daher fixiert werden, ginge das aufgrund des demo­graphischen Wandels, der sich in den kommenden Jahren beschleunigen wird, jedoch mit einem deutlichen, letztlich nicht tragbaren Anstieg des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung und damit der Lohnnebenkosten einher. In einer Studie analysierten Oliver Holtemöller und sein Koautor Götz Zeddies daher ein alternatives Konzept der Rentenanpassung und empfehlen, das Rentenniveau im Jahr des Renteneintritts für die zukünftigen Rentnergenerationen konstant zu halten und die individuellen Renten in den Jahren danach mit der Inflationsrate steigen zu lassen. Der Wert der Rente bliebe somit erhalten. Die Studie enthält konkrete Simulationsergebnisse für die aktuelle Rentenanpassungsformel „Status quo“ und das Alternativszenario „Inflationsausgleich“.

Im Alternativszenario „Inflationsausgleich“ steigen die Rentenausgaben zwar we­niger stark als die Löhne, deren Zunahme sich aus der Inflationsrate und der Real­lohnsteigerung zusammensetzt. In einem solchen System hängt die Höhe der Rentenausgaben nicht nur von der Anzahl der Rentner und der durchschnittlichen Rente, sondern auch von der Alterszusammensetzung der Rentenempfänger ab. Aufgrund des Inflationsausgleichs erleidet aber kein Rentenempfänger reale Ver­luste im Vergleich zum Zeitpunkt des Renteneintritts. Eine jährliche Anpassung der laufenden Renten um den Anstieg der Verbraucherpreise würde gewährleisten, dass der unmittelbar nach Eintritt in den Ruhestand erreichte Lebensstandard dauerhaft erhalten bleibt. Es wäre sogar möglich, das Rentenniveau bei Renteneintritt höher als gegenwärtig anzusetzen und gleichzeitig die Beitragssätze zu stabilisieren.

Die Untersuchungen wurden mit einem Modell durchgeführt, das die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Höhe der Renten unter Berücksichtigung demographischer Veränderungen simu­liert. Der Simulationszeitraum reicht bis zum Jahr 2060.

Veröffentlichung:
Holtemöller, Oliver; Zeddies, Götz: Zur Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenversicherungsbeitrag. IWH Online 2/2017. Halle (Saale) 2017.

Frühere Veröffentlichungen zum Thema:
Holtemöller, Oliver; Pohle, Felix; Zeddies, Götz: Was Änderungen beim Rentenniveau die Beitragszahler kosten. IWH Online 2/2016. Halle (Saale) 2016.

Holtemöller, Oliver; Pohle, Felix; Zeddies, Götz: Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung durch Erhöhung des Renteneintrittsalters. IWH Online 3/2016. Halle (Saale) 2016.

 

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