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Mit schwierigem Erbe in die Marktwirtschaft Auf einer Seite lesen

Stillstand hat es auch nach der Investitionswelle der 1990er Jahre nicht gegeben. Die Bayer-Bitterfeld GmbH hat den Betrieb für Methylzellulose erweitert, den pharmazeutischen Betrieb um ein Technologiezentrum ergänzt und mit japanischen Partnern ein Joint Venture errichtet, dessen Kapazitäten im Jahr 2014 erweitert wurden.  Verschiedene seiner Bitterfelder Produktionsbetriebe hat Bayer inzwischen an andere Unternehmen in Bitterfeld übertragen.  Das Werk von Evonic Industries war 2009/10 erweitert worden.  Heraeus hat im Jahr 2005 das Werk II eröffnet und dessen Kapazitäten im Jahr 2012 erweitert.  Ferner siedelte sich die Solarbranche in Thalheim an. Der Solarboom war aber nur von kurzer Dauer, weil die Massenproduktion standardisierter Solarzellen kostengünstiger in Asien stattfindet. Die leeren Fabrikhallen in Thalheim versucht man mit neuem Leben zu füllen, etwa durch einen Betrieb des Automobilzulieferers HKR Seuffer Automotive GmbH & Co. KG  und das Kältetechnologie-Unternehmen Mecotec.  Für Investitionen sind im Kreis Anhalt-Bitterfeld (kleinräumigere Angaben sind nicht verfügbar) aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) überdurchschnittlich viele Regionalfördermittel geflossen (vgl. Abbildung). Wirkungsanalysen auf Betriebsebene in Deutschland zeigen, dass die geförderten Betriebe eine deutlich günstigere Beschäftigungsentwicklung als nicht geförderte aufweisen.

Der industrielle Kern hat sich stark gewandelt

Insgesamt haben in Bitterfeld-Wolfen 21 436 Menschen ihren Arbeitsort (31.12.2013).  Die Arbeitslosenquote betrug im Jahr 2013 10,2%  und ist damit deutlich zurückgegangen, liegt aber noch weit über dem westdeutschen Durchschnitt. Im Chemiepark sind ein Vierteljahrhundert nach Herstellung der Deutschen Einheit nach Angaben in der Chemiepark-Website mehr als 300 Unternehmen mit rund 11 000 Beschäftigten ansässig, davon rund 60 produzierende Unternehmen, und das Investitionsvolumen wird auf 4,5 Mrd. Euro beziffert.  An die Stelle der Großchemie sind moderne mittelständische Produzenten, vor allem von Fein- und Spezialchemikalien, getreten. Daneben haben sich Unternehmen anderer Branchen angesiedelt, etwa die Glasindustrie, oder sie haben sich aus den ehemaligen Kombinatsstrukturen ausgegründet. Schließlich ist gänzlich Neues entstanden, etwa eine attraktive Seenlandschaft mit touristischem Potenzial aus den ehemaligen Braunkohletagebauen. Einer der Vorzüge des Chemieparks besteht in der Möglichkeit, vermittels eines Rohrbrückensystems  Stoffverbünde einzugehen.

Die industrielle Forschung und Entwicklung (FuE) ist in den frühen 1990er Jahren stark geschrumpft und wird in wesentlich kleinerem Maßstab betrieben. Berichtet wird über FuE-Beschäftigtenanteile von 10% bis 30% in über 15 mittelständischen Unternehmen der Fein- und Spezialchemikalienherstellung.  Hinzu kommen die FuE-Beschäftigten des Photovoltaikherstellers Hanwha Q Cells am Standort Thalheim. Dort und in Berlin sind zusammengenommen mehr als 400 Mitarbeiter u. a. in FuE tätig.  Für den Kreis Anhalt-Bitterfeld wird die Zahl der FuE-Beschäftigten je 1 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf 8,4 beziffert, was über dem ostdeutschen (6,7), aber unter dem westdeutschen Durchschnittswert (14) liegt. 

Der Strukturwandel scheint nicht abgeschlossen zu sein. Das BBSR prognostiziert bis zum Jahr 2035 für die Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg einen Rückgang der Zahl der Erwerbspersonen um rund 40%.  Daher wird der demographische Wandel vielleicht zur größten künftigen Herausforderung.

Außerdem in diesem Heft

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Arbeitsmarktbilanz Ostdeutschland: Beschäftigung im Osten rückläufig

Hans-Ulrich Brautzsch

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2015

Abstract

Der seit dem vierten Quartal 2014 zu beobachtende Beschäftigungsrückgang hat sich fortgesetzt. Im zweiten Quartal 2015 nahm die Zahl der Erwerbstätigen saisonbereinigt mit 0,2% sogar noch etwas stärker ab als in den beiden Quartalen zuvor. Dabei lag im ersten Halbjahr 2015 das Bruttoinlandsprodukt um 1,1% über dem Vorjahresstand. In Westdeutschland, wo das Bruttoinlandsprodukt um 1,5% zunahm, legte die Beschäftigung weiter zu.

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Kommentar: Politische Kreditvergabe der Sparkassen

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2015

Abstract

Theorien politischer Konjunkturzyklen gehen davon aus, dass Politiker in Wahljahren einer expansiven Steuerpolitik zuneigen, weil sie ein Interesse daran haben, ihre Popularität zu steigern, indem sie die wirtschaftlichen Bedingungen möglichst günstig erscheinen lassen.

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Aktuelle Trends: Konvergenzvorsprung der ostdeutschen Wirtschaftsleistung ist dahin!

Udo Ludwig

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2015

Abstract

In der Wirtschaftsleistung je Einwohner haben die ostdeutschen Flächenländer laut amtlichen Angaben seit einigen Jahren kaum noch Fortschritte gegenüber dem Stand in den Ländern des früheren Bundesgebiets erzielt (gemessene Konvergenz). Damit ist der Konvergenzvorsprung der ostdeutschen Pro-Kopf-Produktion gegenüber dem „neoklassisch“ bestimmten Angleichungspfad nicht nur geschmolzen, sondern bereits verschwunden.

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Persönliche Beziehungen, der Transfer von akademischem Wissen und der Standort von Gründungen aus Hochschulen

S. Heblich Viktor Slavtchev

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2015

Abstract

In dieser Studie wird die Bedeutung von persönlichen Beziehungen zwischen Unternehmensgründern aus Hochschulen und Hochschulforschern für die Entscheidung der Gründer, sich in der Region der Heimathochschule niederzulassen, untersucht. Am Beispiel von Gründungen aus Hochschulen in Regionen mit mehreren Hochschulen kann gezeigt werden, dass bei der Entscheidung der Gründer, in der Region zu bleiben, der Nähe zur Heimatfakultät größere Bedeutung zukommt als der Nähe zu vergleichbaren Fakultäten an anderen lokalen Hochschulen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass für den Zugang zu akademischem Wissen und Ressourcen und deren Transfer in Privatunternehmen über das einfache lokale Vorhandensein von Hochschulen hinaus persönliche Beziehungen bedeutsam sind. Dies hat Implikationen für die Rolle der Hochschulen als Standortvorteil für Unternehmen, die von akademischem Wissen und Ressourcen profitieren können oder darauf angewiesen sind.

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Zu den Auswirkungen der Migration auf den ostdeutschen Arbeitsmarkt

Hans-Ulrich Brautzsch

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2015

Abstract

Die starken Migrationsprozesse beeinflussen zunehmend auch den ostdeutschen Arbeitsmarkt. Die Zuwachsraten bei der Zahl der Beschäftigten, den Arbeitslosen sowie den Leistungsbeziehern nach SGB II vor allem aus den mittel- und osteuropäischen Staaten mit Arbeitnehmerfreizügigkeit, den von der europäischen Schulden- und Vertrauenskrise besonders schwer betroffenen Ländern Griechenland, Italien, Portugal und Spanien sowie den Asylherkunftsländern sind gegenwärtig sehr hoch und liegen in der gleichen Größenordnung wie in Westdeutschland. Die Anteile von Migranten an der Bevölkerung und an relevanten Arbeitsmarktgrößen sind allerdings in Ostdeutschland erheblich niedriger als in Westdeutschland.

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