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Regionale Wachstums- und Beschäftigungseffekte professioneller Fußballvereine – Eine europäische Analyse
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Das Ausmaß regionaler Effekte eines Abstiegs
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Das Ausmaß regionaler Effekte eines Abstiegs

Begonnen wird die Analyse der Ergebnisse mit dem Indikator, der den zentralen Kanal zur Übertragung des Effekts eines Abstiegs auf das regionale (sektorale) Wachstum darstellt – der Nachfrage nach Stadionbesuchen. Die ökonomische Theorie legt nahe, dass die Kartennachfrage sich aus den Standardannahmen bezüglich der Konsumentscheidung ableiten lässt. Danach ist zu erwarten, dass der Abstieg, da er mit einer Verringerung der Qualität des Spiels einhergeht, die Nachfrage sinken lässt. Abbildung 1 verdeutlicht zunächst den Zusammenhang zwischen der relativen Veränderung der Kartennachfrage und der Distanz zum ersten Nichtabstiegsplatz. Sie zeigt einen klaren Rückgang der Nachfrage nach Stadionbesuchen bei Vereinen, die einen Abstieg erlitten haben (sich also links der orangen Linie befinden). Diese Darstellung wird durch die ökonometrischen Schätzungen bestätigt. Obwohl die Vereine um die Abstiegsränge in der laufenden Abstiegssaison keine Unterschiede in der Kartennachfrage aufweisen,14 sehen sich abgestiegene Clubs in der darauffolgenden Saison mit rund 29% weniger Besuchern pro Heimspiel (minus 4 500 Besucher in absoluten Werten) konfrontiert. Der Abstieg bewirkt folglich einen dauerhaften Nachfragerückgang nach fußballbezogenen Aktivitäten während der folgenden Saison. Dies betrifft sowohl Leistungen, die im Stadion selbst angeboten werden, als auch Leistungen, die im Zusammenhang eines Stadionbesuchs außerhalb konsumiert werden (etwa im Bereich des Einzelhandels oder des Gastgewerbes).

Im nächsten Schritt analysieren wir die sektoralen Auswirkungen eines Abstiegs in der Region. Die Cambridge-Econometrics-Daten liefern Informationen zur Anzahl der Beschäftigten und der Bruttowertschöpfung im Aggregat der Sektoren Handel, Gastronomie und Beherbergungen sowie Transport.

Diese Sektoren weisen direkte Bezüge zu Fußballaktivitäten bzw. Sportgroßveranstaltungen auf. Wir folgen Fedderson und Maennig,15 die zeigen, dass die Effekte von Sportgroßveranstaltungen überwiegend zeitlich begrenzt, außerdem räumlich sowie sektoral konzentriert auftreten. Die Analyse der Effekte eines Abstiegs bestätigt dieses Ergebnis. Die Abbildungen 2 und 3 verdeutlichen Unterschiede in der sektoralen Entwicklung der Beschäftigung (Abbildung 2) und der Bruttowertschöpfung (Abbildung 3) in fußballrelevanten Sektoren in den beiden Jahren nach Abstieg eines Vereins aus der ersten Liga. Die Effekte fallen mit durchschnittlich –2,7% (sektorale Beschäftigung) und –3,0% (sektorale Bruttowertschöpfung) deutlich negativ aus.

Abbildung 4 geht über die Betrachtung sektoraler Effekte hinaus und überprüft die Existenz gesamtregionaler Beschäftigungseffekte. Die Hypothese ist hier die oftmals vorzufindende Aussage, dass insbesondere in kleineren Regionen von Fußballbundesligisten auch regionale Entwicklungsimpulse ausgehen können. Abbildung 4 verdeutlicht, dass dies zumindest für kurzfristige regionale Beschäftigungseffekte zutrifft. So finden sich im Rahmen der Analyse negative Effekte in Höhe von 1,3%. Negative Effekte auf die gesamte regionale Bruttowertschöpfung lassen sich jedoch nicht nachweisen.

Abstieg trübt regionale Entwicklung – sektorale Effekte dominieren

Die Ergebnisse zeigen, dass professionelle Sportvereine bzw. Sportgroßveranstaltungen durchaus in der Lage sind, regionale Entwicklungsimpulse auszuüben. Heutige Profifußballclubs stellen zunehmend mittlere bis große Unternehmen dar, deren Bedeutung für Regionen in Anbetracht der weiter ansteigenden Finanzströme im Profifußballbereich zunehmen dürfte. Der durch den Profisport induzierte regionale Effekt stellt sich jedoch primär in mit dem Fußball verbundenen Wirtschaftszweigen ein. Dabei ist zu beachten, dass die Produktivität der in den Regionen durch den Sport geschaffenen oder im Fall des Abstiegs vom Verlust bedrohten Arbeitsplätze oftmals niedrig ausfällt. Dies sollte in Strategien zur sportinduzierten Entwicklung (z. B. für diverse Sportstädte in Deutschland) Beachtung finden, um ungewollte Nebeneffekte zu vermeiden.

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Miese Luft bei bester Oper

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in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 5, 2018

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Gleichwertige Lebensverhältnisse? Wird es in Deutschland niemals geben. Die Städte und Gemeinden sollten etwas Besseres anstreben als Gleichmacherei.

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Aktuelle Trends: Betriebliche Lohnungleichheit wieder rückläufig

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Knapp 8% der Beschäftigten in den Handwerksbetrieben Sachsen-Anhalts verdienten vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zu Beginn des Jahres 2015 brutto weniger als 8,50 Euro je Stunde. Allerdings differiert die Betroffenheit stark. In den besonders betroffenen Gewerken war zu befürchten, dass die durch den Mindestlohn induzierte Kostensteigerung zu einem spürbaren Beschäftigungsabbau führt. In diesem Kontext werden drei Fragen untersucht: (1) Wie hoch war die Mindestlohnbetroffenheit im Handwerk in Sachsen-Anhalt? (2) Welche – über die Lohnkostenerhöhung hinausgehenden – Effekte hatte die Mindestlohneinführung in den Handwerksbetrieben? (3) Welche Ausweichreaktionen haben die Handwerksbetriebe unternommen, um die höhere Kostenbelastung zu bewältigen? Die Untersuchungen basieren auf den von den Handwerkskammern Halle und Magdeburg durchgeführten Konjunkturumfragen, die in Kooperation mit dem IWH um zusätzliche Fragen zur Mindestlohneinführung erweitert wurden. Die Ergebnisse der Schätzungen zeigen keine signifikanten Beschäftigungseffekte infolge der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Vielmehr haben die Handwerksbetriebe vor allem mit Preiserhöhungen reagiert.

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