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Ausfallrisiken von Staatsanleihen
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Welche Kanäle übertragen Schocks?
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Welche Kanäle übertragen Schocks?

In diesem Beitrag werden nicht die Gründe für die Divergenz im Niveau der Kreditrisiken von Staatsanleihen im Euroraum analysiert, sondern die Gründe für die Gleichbewegung der Kreditrisiken im zeitlichen Auf und Ab. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Frage, inwiefern diese Gleichbewegung auf so genannte Ansteckungseffekte zurückzuführen ist. Diese liegen vor, wenn in Krisenzeiten negative Schocks stärker von einem auf ein anderes Land übertragen werden, als das in „normalen“ Zeiten der Fall wäre. Die Ansteckung kann über verschiedene Kanäle verlaufen. Die Studie untersucht, welche Kanäle Schocks übertragen und den Gleichlauf von Kreditrisiken beeinflussen. Die möglichen Kanäle lassen sich in drei Kategorien einteilen.

Erstens spielen strukturelle Ähnlichkeiten eine Rolle. Diese werden von Investoren im Krisenfall in mehreren Ländern gleichzeitig neu bewertet, wodurch sich deren wahrgenommene Kreditrisiken in die gleiche Richtung bewegen. Beispielsweise wurden die hohe Staatsverschuldung und Verwerfungen im Bankensektor als zunehmend problematisch für die zukünftige Tragfähigkeit des Staatshaushalts in Italien und Spanien eingestuft, nachdem Griechenland im November 2009 sein Fiskaldefizit nach oben korrigiert hatte. Auch kann eine vergleichbare strukturelle Situation im Bankensektor verschiedener Länder zu einer ähnlichen Entwicklung der Staatsschuldenrisiken führen. Das Zusammenspiel zwischen Risiken im Banken- und Staatssektor wurde in verschiedenen Studien analysiert. Im Zuge der Finanzkrise richteten viele Staaten Rettungsprogramme für in Schieflage geratene Banken ein. Dies führte dazu, dass sich Risiken aus dem Bankensektor auf den Staatssektor übertrugen. Gleichzeitig erhöhte sich die Staatsverschuldung, da diese Programme vom Staat finanziert wurden. Eine höhere Staatsverschuldung wirkt sich wiederum negativ auf den Bankensektor aus: Zum einen halten Banken Staatsanleihen, deren Ausfallrisiko steigt, wenn die Solvenz des Staates durch hohe Überschuldung sinkt. Zum anderen ist ein hoch verschuldeter Staat weniger in der Lage, das Bankensystem zu unterstützen, sodass staatliche Garantien an Wert verlieren und Investoren dies bei der Bewertung von Bankaktien einpreisen.

Ein zweiter Ansteckungskanal geht auf direkte Verflechtungen zwischen Ländern zurück. Plötzliche Veränderungen in den internationalen Handels- oder Kapitalströmen, ausgelöst durch einen Schock in einem Land, können negative Auswirkungen auf andere Länder haben. Während der Staatsschuldenkrise bestand zum Beispiel große Unsicherheit darüber, in welchem Ausmaß heimische Banken in ausländische Staatsanleihemärkte investiert hatten. Erleiden heimische Banken Verluste in ihrem Portfolio ausländischer Staatsanleihen, werden staatliche Ausfallrisiken quasi importiert, was zu einem Gleichlauf in- und ausländischer staatlicher Kreditrisiken führen kann. Ansteckungseffekte ergeben sich hierbei durch real existierende Verbindungen.

Im Gegensatz dazu beruht die internationale Übertragung von Schocks beim dritten Kanal auf Marktentwicklungen, die nicht auf Fundamentaldaten zurückgehen. So können Stimmungsschwankungen auf Aktienmärkten zu Panikverkäufen und anschließenden Preisverfällen oder Zinsaufschlägen führen, welche sich über mehrere Länder ausweiten. Diese Art der Übertragung von Schocks findet vor allem in Krisenzeiten statt, wenn unter Marktteilnehmern ein hohes Maß an Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung besteht.

Höhere Gleichbewegung im Euroraum als in den Nicht-EWU-Ländern

Die diesem Beitrag zugrundeliegende Studie geht in drei Schritten vor, um die Gleichbewegung der Kreditrisiken und die Gründe dafür zu untersuchen. In einem ersten Schritt wird die Entwicklung der Ausfallrisiken auf Staatsanleihemärkten für 17 Länder analysiert, von denen elf Mitglied der Europäischen Währungsunion (EWU) sind (vgl. Tabelle). Der Zeitraum der Analyse erstreckt sich von 2008 bis 2012. 

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Aktuelle Trends: Mindestlohn von 8,50 Euro: Hohe Betroffenheit in arbeitsintensiven Branchen

Hans-Ulrich Brautzsch Birgit Schultz

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2015

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Knapp ein Viertel der Arbeitnehmer in Ostdeutschland hatte im Jahr 2013 einen Bruttostundenlohn von weniger als 8,50 Euro. Dies zeigen vom IWH erstmals für das Jahr 2013 durchgeführte Berechnungen auf Basis aktueller Befragungsergebnisse. Damit liegt der Anteil der unter diesem Stundensatz verdienenden Personen in etwa auf dem Vorjahreswert. Besonders hoch ist dabei der Anteil in den arbeitsintensiven Branchen.

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Im Fokus: Bevölkerungsentwicklung der ostdeutschen Städte seit 1990 – Fiktion oder Wirklichkeit?

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Die Einwohnerzahl und ihre Entwicklung im Zeitverlauf sind zwei der wichtigsten Indikatoren für die Beurteilung der Perspektiven einer Stadt bzw. für die Wahl kommunalpolitischer Strategien. Auch für Investitions- und Standortentscheidungen von Unternehmen sind dies relevante Größen. Der Beitrag zeigt anhand einer Analyse für die 132 größten Städte Ostdeutschlands, dass die von der amtlichen Statistik veröffentlichten Bevölkerungszahlen, die periodisch auf der Grundlage von Fortschreibungen und Volkszählungen zum jeweiligen Gebietsstand ermittelt werden, die demographische Entwicklung der Städte nur bedingt widerspiegeln, da der Einfluss von Gebietsänderungen nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Für einen aussagefähigen Städtevergleich ist es unabdingbar, territoriale Veränderungen z. B. infolge von Gemeindegebietsreformen zu berücksichtigen. Dies kann zu einer veränderten Sichtweise beim Vergleich der Entwicklung von Städten führen.

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IWH-Bauumfrage im vierten Quartal 2014: Baukonjunktur in Ostdeutschland schwächelt weiter

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Das Geschäftsklima im ostdeutschen Baugewerbe hat sich laut Umfrage des IWH am Jahresende 2014 weiter eingetrübt. Die Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage und ihre Geschäftsaussichten nun bereits das dritte Mal in Folge schlechter als im Quartal zuvor. Das Stimmungshoch zu Beginn des Jahres 2014 und die Anpassungsreaktionen im Sommer sind allerdings zu einem erheblichen Teil auch Sondereinflüssen zuzurechnen.

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IWH-Industrieumfrage im vierten Quartal 2014: Geschäftslage hat sich zuletzt wieder verbessert

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Das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutschland zeigt sich am Jahresende 2014 zufriedener mit der Geschäftstätigkeit als im dritten Quartal. Das zeigen die Ergebnisse der IWH-Industrieumfrage unter knapp 300 Unternehmen.

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Kommentar: Manövriert sich die EZB in eine Falle?

Reint E. Gropp

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Die EZB hat am 22. Januar 2015 beschlossen, in großem Umfang Anleihen öffentlicher Institutionen aus dem Euroraum, darunter auch der Nationalstaaten, zu kaufen. Es gibt gute Gründe für diese Maßnahme: Marktbasierte mittelfristige Inflationserwartungen sind zuletzt deutlich gesunken, die Inflationsrate ist tendenziell rückläufig und war zuletzt sogar negativ. Die Wahrscheinlichkeit einer deflationären Spirale hat sich erhöht, mit unabsehbaren Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung. Die schwache Verbraucherpreisentwicklung im Euroraum basiert auf mehreren Faktoren: der schleppenden Konjunkturentwicklung, fallenden Ölpreisen und fiskalpolitischer Konsolidierung in einigen Euroländern (Spanien, Portugal, Irland).

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