IWH-Insolvenztrend: Zahl der Firmenpleiten steigt im Februar deutlich

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften klettert im Februar auf den höchsten Wert seit Beginn der Erhebung durch das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) im Jahr 2016. Rekordwerte sind vor allem im Süden Deutschlands zu verzeichnen.

Authors Steffen Müller

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Februar bei 1 193 (vgl. Abbildung 1). Das ist der höchste Wert seit Beginn der Erfassung im Januar 2016. Die Zahl liegt 11% über dem Vormonat, 43% höher als vor einem Jahr und 28% über dem Februar-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.

Die bisherigen Höchstwerte seit 2016 wurden in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz übertroffen. Einen besonders starken Anstieg gab es in Baden-Württemberg, wo die Zahl der Insolvenzen im Februar um ein Sechstel über dem bisherigen Höchstwert vom Dezember 2023 lag. Setzt man die Zahl der Insolvenzen der letzten drei Monate ins Verhältnis zur Bevölkerungszahl, liegt die so berechnete Insolvenzquote jedoch in Berlin und Hamburg am höchsten, in den ostdeutschen Flächenländern am niedrigsten. Ein Grund für die hohe Betroffenheit liegt in der höheren Zahl an Startups in Ballungsräumen. Junge Firmen haben generell ein hohes Insolvenzrisiko.

Schließungen großer Arbeitgeber führen oft zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung der Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im Februar gemeldet wurde, rund 11 000 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten 10% der Unternehmen liegt damit unter dem Niveau des Vormonats, aber knapp 90% höher als in einem durchschnittlichen Februar (vgl. Abbildung 2).

Die dem Insolvenzgeschehen vorlaufenden IWH-Frühindikatoren erreichten im Januar einen Höchstwert und gingen im Februar leicht zurück. „Das ist aber kein Grund für Entwarnung“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung. „Wir erwarten auch für die Monate März und April hohe Insolvenzzahlen.“ Doch ist die relativ hohe Zahl an Insolvenzen kein Ausdruck einer dramatischen Insolvenzwelle: Vor 20 Jahren lag die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften mit bis zu 2 000 pro Monat deutlich höher als im Moment.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

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