Inhalt
Seite 1
Neue historische Daten zur Wirtschaftsentwicklung
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Der Süden ist Gewinner. Die regionalen Unterschiede im Osten wurden nivelliert. Die Hauptstadt ist noch schwach.
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Alte regionale Muster treten wieder stärker in Erscheinung
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Alte regionale Muster treten wieder stärker in Erscheinung

Mögliche Ursachen für die einzelnen Befunde können an dieser Stelle nur angedeutet werden.7 Was die gegenwärtig starke Stellung Süddeutschlands betrifft, spielt sicher eine Rolle, dass in der Nachkriegszeit wichtige Unternehmen aus Berlin dorthin verlagert wurden, etwa Siemens nach München oder die Deutsche Bank nach Frankfurt am Main. Darüber hinaus dürfte auch der Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften und von Selbstständigen aus Ostdeutschland, die in ihrer Heimat aus politischen Gründen keine Zukunft sahen, das regionale Wachstum in Süddeutschland gekräftigt haben. Dass die wirtschaftliche Leistungskraft der ostdeutschen Länder immer noch so wenig streut, ist nicht zuletzt wirtschaftspolitischen Instrumenten wie dem Länderfinanzausgleich geschuldet. Wenn trotzdem die Streuung der Wirtschaftskraft je Einwohner in ostdeutschen Regionen langsam wieder zunimmt, ist dies aus historischer Perspektive lediglich eine Normalisierung. Mit Berlin, Sachsen und Thüringen sind in den vergangenen Jahren diejenigen Länder schneller gewachsen, welche in den politischen Umbrüchen von den 1930er Jahren bis 1990 besonders stark verloren hatten. Offensichtlich haben sich diese Regionen einige Stärken über die Zeiten von Kriegs- und Planwirtschaft bewahren können, etwa ein für unternehmerische Tätigkeit recht günstiges gesellschaftliches Klima.8 Insbesondere die sächsischen Großstädte waren einst Zentren des industriellen Wandels in Deutschland, und heutzutage wird in Sachsen ein deutlich größerer Teil des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung ausgegeben als in den anderen ostdeutschen Flächenländern. Was Berlin betrifft, ist offensichtlich, dass die Stadt ein ökonomisches Potenzial hat, das sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nutzen konnte und gegenwärtig wieder zu nutzen beginnt: Zum einen haben große Agglomerationszentren wie Berlin typischerweise ein hohes Wachstumspotenzial, weil der dort besonders rege Austausch von Ideen den technischen Fortschritt beflügelt.9 Zum anderen ist natürlich die Hauptstadtfunktion ein Standortvorteil.

Alles in allem ist die höhere Wachstumsdynamik in Sachsen, Thüringen und im Großraum Berlin nicht nur eine Rückkehr zu alten Mustern, sie dürfte auch in Zukunft die Entwicklung der Regionalstruktur in Ostdeutschland prägen.

Außerdem in diesem Heft

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Kommentar: Freihandel, Protektionismus und das stabile Genie

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2019

Abstract

Protektionismus ist schlecht, aber vielleicht nicht ganz so schlecht, wie ihn viele Leute machen. Zölle sind kurzfristig nichts anderes als Umverteilung: von vielen Konsumenten zu einigen wenigen inländischen Produzenten und deren Mitarbeitern. Denken Sie zum Beispiel an Zölle auf Stahl: Die Konsumenten leiden, weil Autos, Maschinen und alles, wofür es sonst noch Stahl braucht, teurer wird. Allerdings profitieren die im Vergleich zu den ausländischen Wettbewerbern ineffizienteren inländischen Stahlhersteller.

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Aktuelle Trends: Fachkräftemangel hat in den letzten zehn Jahren in Ost und West stark zugenommen

Steffen Müller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2019

Abstract

Vor dem Hintergrund sinkender Arbeitslosenzahlen und einer alternden Bevölkerung – vor allem im Osten Deutschlands – ist der immer schwieriger zu deckende Bedarf der Betriebe an Fachkräften in den letzten Jahren zu einem zentralen Thema in der öffentlichen und politischen Arbeitsmarktdebatte geworden. Fachkräfteengpass herrscht, wenn Betriebe Probleme haben bei der Besetzung von Stellen für qualifizierte Tätigkeiten, die eine Berufsausbildung, vergleichbare Berufserfahrung oder einen Hochschulabschluss erfordern. Wie hoch der Anteil der nicht besetzten Stellen an den insgesamt angebotenen Stellen ist, wird durch die Nichtbesetzungsquote angegeben. Sie kann damit als Indikator für einen Fachkräfteengpass interpretiert werden.

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Ostdeutscher Produktivitätsrückstand und Betriebsgröße

Steffen Müller Georg Neuschäffer

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2019

Abstract

Auch 30 Jahre nach dem Mauerfall ist die Produktivität der ostdeutschen Wirtschaft um 20% geringer als die der westdeutschen. Vielfach wird dies dadurch erklärt, dass westdeutsche Betriebe größer sind – denn größere Betriebe sind meist produktiver. Berechnungen auf Basis einzelbetrieblicher Daten bringen jedoch zum Vorschein, dass die Produktivitätslücke sich selbst dann nicht schließt, wenn Betriebe ähnlicher Größe verglichen werden, die zudem noch der gleichen Branche angehören und Ähnlichkeiten in weiteren für die Produktivität relevanten Merkmalen wie der Kapitalintensität, der Exporttätigkeit und dem Anteil qualifizierten Personals aufweisen.

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