02.10.2019 • 20/2019
Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2019: Konjunktur kühlt weiter ab – Industrie in der Rezession
Berlin, 2. Oktober 2019 – Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Konjunkturprognose für Deutschland deutlich nach unten korrigiert. Waren sie im Frühjahr noch von einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 0,8% im Jahr 2019 ausgegangen, erwarten sie nun nur noch 0,5%. Gründe für die schwache Entwicklung sind die nachlassende weltweite Nachfrage nach Investitionsgütern, auf deren Export die deutsche Wirtschaft spezialisiert ist, politische Unsicherheit und strukturelle Veränderungen in der Automobilindustrie. Die Finanzpolitik stützt hingegen die gesamtwirtschaftliche Expansion. Für das kommende Jahr senken die Konjunkturforscher ebenfalls ihre Prognose auf 1,1% nach noch 1,8% im Frühjahr.
Oliver Holtemöller
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Fehlende Fachkräfte in Deutschland – Unterschiede in den Betrieben und mögliche Erklärungsfaktoren: Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel 2018
Eva Dettmann, Daniel Fackler, Steffen Müller, Georg Neuschäffer, Viktor Slavtchev, Ute Leber, Barbara Schwengler
IAB-Forschungsbericht 10/2019,
2019
Abstract
Seit der Überwindung der Wirtschaftskrise hat sich die wirtschaftliche Lage der Betriebe in West- und Ostdeutschland gleichermaßen verbessert. Gleichzeitig ist weiterhin ein positiver Beschäftigungstrend zu beobachten, der sich jedoch gegenüber dem Vorjahr etwas abgeschwächt hat. Der Fachkräftebedarf erreichte mit 2,7 Millionen Personen im Jahr 2018 einen neuen Höchststand. Nur noch etwa 60 Prozent des Bedarfs konnte gedeckt werden, was sich auch in einem erneuten Anstieg der Nichtbesetzungsquote äußert. Hinsichtlich der Verteilung dieses Indikators für Fachkräfteengpässe zeigen sich deutliche branchen- und größenspezifische Unterschiede in den Betrieben wie auch regionale Heterogenität. Mit mehr als der Hälfte unbesetzter Stellen ist im Baugewerbe und in der Land- und Forstwirtschaft der Fachkräfteengpass besonders akut. In einer multivariaten Analyse wird festgestellt, dass ein positiver Zusammenhang zwischen Fachkräfteengpässen und dem Einsatz von Leiharbeit, Arbeitszeitflexibilisierung sowie der Aus- oder Weiterbildungsbeteiligung eines Betriebes besteht. Die Tätigkeitsstruktur der Betriebe hat sich hinsichtlich formaler Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten in den vergangenen Jahren kaum verändert. Dagegen lässt sich ein deutlicher Trend zur Flexibilisierung der Arbeitsorganisation beobachten. So bieten etwa ein Viertel der Betriebe ihren Beschäftigten die Möglichkeit mobilen Arbeitens. Auch der Anteil der Teilzeitbeschäftigung nimmt bundesweit zu, insbesondere in Sektoren mit höherem Frauenanteil. Der Anteil geringfügiger Beschäftigung ist besonders hoch in Branchen, die eher unspezifische Qualifikationen erfordern oder stärker durch konjunkturelle und/oder saisonale Schwankungen gekennzeichnet sind – und in denen überdurchschnittliche Fachkräfteengpässe zu verzeichnen sind. Der Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe ist im Jahr 2018 erstmals seit 2010 wieder gestiegen – in Gesamtdeutschland auf 54 Prozent. In Ostdeutschland liegt der Anteil mit 49 Prozent deutlich darunter. Unter den berechtigten Betrieben liegt die Ausbildungsbeteiligung seit mehreren Jahren relativ stabil bei etwa der Hälfte. Sowohl erfolgreich besetzte Ausbildungsplätze wie auch unbesetzte Ausbildungsstellen verteilen sich sehr heterogen auf die verschiedenen Branchen. Die Übernahmequote erfolgreicher Ausbildungsabsolventen liegt bei knapp drei Viertel. In Betrieben mit Fachkräfteengpass ist sowohl die Ausbildungsbeteiligung als auch die Übernahmequote höher, was darauf schließen lässt, dass hier die Berufsausbildung schon verstärkt zur Fachkräfterekrutierung eingesetzt wird. Hinsichtlich der Weiterbildungsbeteiligung lässt sich feststellen, dass unverändert etwa die Hälfte aller Betriebe sich an der Weiterbildung ihrer Beschäftigten beteiligt. Die Weiterbildungsquote der Beschäftigten liegt bei etwa einem Drittel, in Ostdeutschland etwas höher. Die vergleichsweise höhere Weiterbildungsquote von Beschäftigten auf Einfacharbeitsplätzen in Betrieben mit Fachkräfteengpass deutet darauf hin, dass hier gezielt interne Ressourcen zur Deckung des Fachkräftebedarfs genutzt werden.
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Do Start-ups Provide Employment Opportunities for Disadvantaged Workers?
Daniel Fackler, Michaela Fuchs, Lisa Hölscher, Claus Schnabel
ILR Review,
Nr. 5,
2019
Abstract
This article compares the hiring patterns of start-ups and incumbent firms to analyze whether start-ups offer relatively more job opportunities to disadvantaged workers. Using administrative linked employer–employee data for Germany that provide the complete employment biographies of newly hired workers, the authors show that young firms are more likely than incumbents to hire applicants who are older, foreign, or unemployed, or who have unstable employment histories, arrive from outside the labor force, or were affected by a plant closure. Analysis of entry wages shows that penalties for these disadvantaged workers, however, are higher in start-ups than in incumbent firms. Therefore, even if start-ups provide employment opportunities for certain groups of disadvantaged workers, the quality of these jobs in terms of initial remuneration appears to be low.
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Kommentar: Die Krise von 2008/2009 ist noch nicht vorbei
Reint E. Gropp
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 2,
2019
Abstract
Kurzfristig war die Finanzkrise, ursprünglich ausgelöst durch exzessive Vergabe von Hypotheken an weniger kreditwürdige Haushalte, verbunden mit der weitverbreiteten Verbriefung dieser Hypotheken, mit schweren realwirtschaftlichen Konsequenzen verbunden. Die Volkswirtschaften aller Industrieländer schrumpften stark, die Arbeitslosigkeit stieg kräftig an. Firmen waren nicht in der Lage, neue Investitionen zu finanzieren, da es für Banken in vielen Ländern nicht möglich war, Kredite zu vergeben. Gleichzeitig führten die Rettungsaktionen der Regierungen zu einer starken Erhöhung der Schuldenstände und zu einer Nullzinspolitik, verbunden mit Anleihekäufen, der wichtigsten Zentralbanken.
Wo stehen wir heute, über zehn Jahre nach der Pleite von Lehman, die symbolisch noch immer eng mit der Krise verbunden ist? Und gibt es langfristige Auswirkungen auf die Wirtschaft – Auswirkungen, die wir noch heute spüren und möglicherweise noch viele Jahre spüren werden?
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02.07.2019 • 16/2019
Weiter gute Stimmung in Sachsen-Anhalts Mittelstand
Der Mittelstand in Sachsen-Anhalt verzeichnet bislang keine stärkere Konjunkturabschwächung. Das geht aus einer gemeinsamen Umfrage von Creditreform und Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervor, an der sich 465 vorrangig kleine und mittlere Unternehmen aus Sachsen-Anhalt beteiligt haben. Die überwiegende Mehrzahl der befragten Unternehmen (72,4%) schätzt die aktuelle Geschäftslage weiterhin mit „sehr gut“ bzw. „gut“ ein. In der Vorjahresumfrage gab es ähnlich viele positive Meldungen (75,2% der Befragten). Günstig für die Wirtschaftslage im Mittelstand sind weiterhin die kräftige Binnennachfrage, der private Konsum und die Bautätigkeit.
Axel Lindner
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Unternehmensinsolvenzen: Welche Folgen haben sie für Arbeitnehmer?
Daniel Fackler
Wirtschaftsdienst,
Nr. 6,
2019
Abstract
Unternehmensinsolvenzen sind nicht nur für Eigentümer und Gläubiger mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden, sie haben zumeist auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, die dadurch in aller Regel ihre Arbeitsplätze verlieren. Insbesondere Insolvenzen großer Unternehmen mit mehreren Tausend Beschäftigten – prominente Fälle sind beispielsweise Schlecker, Praktiker oder Air Berlin – führen gelegentlich dazu, dass die Schicksale der betroffenen Arbeitnehmer auch in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit geraten. Das Interesse von Politik und Medien lässt jedoch meist schnell wieder nach, obwohl Unternehmensinsolvenzen natürlich weitaus häufiger vorkommen. Zwar ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen seit einigen Jahren rückläufig, dennoch waren 2018 deutschlandweit fast 20 000 Unternehmen und 200 000 Arbeitsplätze betroffen.
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Firm-level Employment, Labour Market Reforms, and Bank Distress
Ralph Setzer, Moritz Stieglitz
Abstract
We explore the interaction between labour market reforms and financial frictions. Our study combines a new cross-country reform database on labour market reforms with matched firm-bank data for nine euro area countries over the period 1999 to 2013. While we find that labour market reforms are overall effective in increasing employment, restricted access to bank credit can undo up to half of long-term employment gains at the firm-level. Entrepreneurs without sufficient access to credit cannot reap the full benefits of more flexible employment regulation.
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Klimaschutz und Kohleausstieg: Politische Strategien und Maßnahmen bis 2030 und darüber hinaus
Pao-Yu Oei, Casimir Lorenz, Sophie Schmalz, Hanna Brauers, Philipp Herpich, Christian von Hirschhausen, Claudia Kemfert, Barbara Dröschel, Jan Hildebrand, Juri Horst, Uwe Klann, Patrick Matschoss, Michael Porzig, Irina Rau, Bernhard Wern, Hans-Ulrich Brautzsch, Gerhard Heimpold, Katja Heinisch, Oliver Holtemöller, Christoph Schult, Hauke Hermann, Dirk Heyen, Katja Schumacher, Cornelia Ziehm
Pao-Yu Oei et al., Klimaschutz und Kohleausstieg: Politische Strategien und Maßnahmen bis 2030 und darüber hinaus. Abschlussbericht. Climate Change 27/2019. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt,
2019
publiziert in: Energy
Abstract
Die vorliegende Studie untersucht die ökonomischen Auswirkungen eines durch die Klimaziele der Bundesregierung induzierten Kohleausstiegs in Deutschland. Der Fokus liegt hierbei auf der Braunkohlenwirtschaft – insbesondere in den Braunkohleregionen. Diese werden in einem ersten Schritt räumlich abgegrenzt und beschrieben. Für die weitere Untersuchung bilden energiewirtschaftliche Modellierungen die Grundlage. Diese liefern Ausstiegspfade für die Kohlenutzung, welche sich in den gewählten Kriterien (spezifische Emissionen oder Kraftwerksalter) für die Abschaltungsreihenfolge der Kraftwerke unterscheiden. Darauf aufbauend werden mit Hilfe eines Input-Output-Modells und eines regionalwirtschaftlichen Modells die ökonomischen Effekte des Kohleausstiegs sowohl in den Braunkohleregionen als auch im übrigen Deutschland untersucht. Die Modelle zeigen, dass bei einem frühzeitigen Ausstieg die negativen Effekte des Strukturwandels früher zu Tage treten. Dafür können in diesem Fall jedoch Erholungseffekte laut regionalwirtschaftlichem Modell stärker den negativen Effekten entgegenwirken.
Die Studie untersucht die wirtschaftlichen Chancen in den Braunkohleregionen. Diese bestehen im Grundsatz in einem breiten Spektrum wirtschaftlicher Aktivitäten. Die durchgeführten, exemplarischen Untersuchungen zeigen für alle Braunkohleregionen bedeutende Beschäftigungspotenziale auf. Bereits die aufgezeigten potenziellen Arbeitsplätze in den Bereichen Erneuerbare Energien und Gebäudesanierung können dem Stellenabbau im Zuge des untersuchten Strukturwandels durch den Kohleausstieg entgegenwirken. Abschließend werden flankierende politische Instrumente beschrieben, die die Regionen bei dem bevorstehenden Strukturwandel nutzen und unterstützen können.
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13.06.2019 • 12/2019
Konjunktur aktuell: Schwache Auslandsnachfrage – Abschwung in Deutschland
Im Sommer 2019 belastet Verunsicherung aufgrund fortwährender Handelsstreitigkeiten die Weltwirtschaft. Darunter leidet die exportorientiere deutsche Wirtschaft in besonderem Maß; das Bruttoinlandsprodukt dürfte laut Sommerprognose des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) im Jahr 2019 nur um 0,5% zunehmen. Der Produktionszuwachs in Ostdeutschland dürfte in diesem Jahr 0,8% betragen und damit weniger stark gegenüber dem Vorjahr zurückgehen als in Deutschland insgesamt. Der Arbeitsmarkt bleibt trotz der Konjunkturflaute weitgehend robust.
Oliver Holtemöller
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Konjunktur aktuell: Schwache Auslandsnachfrage – Abschwung in Deutschland
Konjunktur aktuell,
Nr. 2,
2019
Abstract
Im Sommer 2019 deutet vieles darauf hin, dass die neuerliche Verschärfung der amerikanischen Handelspolitik den Welthandel und die internationale Konjunktur schwächt. Auf chinesische Waren sollen neue Zölle erhoben werden, und der weltwirtschaftlich stark verflochtene IT-Sektor wird durch die Genehmigungspflicht von Geschäften mit wichtigen chinesischen Anbietern der Telekommunikationstechnik belastet. Konjunktursorgen haben die Preise für wichtige Industriemetalle sowie für Erdöl sinken lassen. Mittlerweile erwarten die Finanzmärkte, dass die US-Notenbank ihren Leitzins im Herbst senken wird. Trotzdem dürfte der US-Aufschwung im Sommerhalbjahr zu Ende gehen, und für die Produktion im Euroraum ist für diesen Zeitraum mit einer Expansion unterhalb der Potenzialrate von knapp 1½% zu rechnen.
Von der Schwäche des Welthandels ist die international stark vernetzte deutsche Industrie besonders betroffen. Der deutliche Rückgang der Industrieproduktion im April lässt erkennen, dass die Belebung vom Jahresanfang vor allem auf temporäre Faktoren zurückging und die Grundtendenz der Konjunktur weiterhin schwach ist. Was die deutsche Konjunktur in diesem und wohl auch im nächsten Jahr stützen wird, ist die nach wie vor robuste Binnennachfrage. So bleibt der Zuwachs des privaten Konsums kräftig, denn die Einkommensentwicklung ist weiter positiv. Dazu trägt auch bei, dass von der Finanzpolitik in diesem Jahr ein expansiver Impuls im Umfang von 0,7% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt ausgeht.
Deutliche Lohnsteigerungen bei anhaltendem Beschäftigungsaufbau lassen die Lohnstückkosten stark steigen. Hohe Preissteigerungen bleiben aber auf die Bauwirtschaft beschränkt. Alles in allem liegt die Produktion nach vorliegender Prognose im Jahr 2019 um 0,5% höher als im Vorjahr, im Jahr 2020 steigt die Rate auch wegen der höheren Zahl an Arbeitstagen auf 1,8%. Die ostdeutsche Wirtschaft expandiert in diesem Jahr um 0,8% und im Jahr 2020 um 1,7%.
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