IWH-Insolvenztrend: Ein Viertel mehr Firmenpleiten als im Vorjahr, Tendenz steigend

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften liegt im August 26% über dem Vorjahreswert, zeigt die aktuelle Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Für den Herbst ist mit zunehmenden Insolvenzzahlen zu rechnen.

Autoren Steffen Müller

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im August bei 718. Das sind 26% mehr als im August 2021 (vgl. Abbildung 1). Die Insolvenzprognose des IWH hatte vor einem Monat für August und September einen Anstieg um 20% gegenüber dem Vorjahr vorausgesagt. Auf Basis der aktuellen Zahlen wird die Prognose für September leicht nach oben angepasst: Es ist nunmehr mit einem Zuwachs von 25% gegenüber dem Vorjahr zu rechnen. Für Oktober lassen die Frühindikatoren des IWH deutlich höhere Insolvenzzahlen erwarten, die etwa ein Drittel über denen von Oktober 2021 liegen werden.

Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im August gemeldet wurde, 5 300 Arbeitsplätze betroffen waren (vgl. Abbildung 2). Die Zahl der betroffenen Beschäftigten liegt damit auf dem Niveau der letzten zwölf Monate.

„Nach lange Zeit niedrigen Insolvenzahlen hat nun eine Trendwende eingesetzt“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung. Verantwortlich dafür seien in erster Linie stark steigende Preise für wichtige Produktionsfaktoren. Während der Ukrainekrieg zu steigenden Energiekosten führt, sind Unterbrechungen der internationalen Lieferketten für die Verteuerung vieler importierter Vorleistungsgüter verantwortlich. Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgerufene Zinswende wird die Refinanzierungskosten der Unternehmen erhöhen. Die Mindestlohnerhöhung ab Oktober sowie hohe Lohnforderungen der Gewerkschaften treiben die Lohnkosten weiter in die Höhe. „Die steigenden Insolvenzzahlen zeigen, dass viele Unternehmen mit dauerhaften Kostensteigerungen rechnen, die ihr Geschäftsmodell unrentabel werden lassen“, erklärt Müller. Dennoch: „Von einer drohenden Insolvenzwelle kann trotz steigender Zahlen derzeit nicht gesprochen werden.“

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschungsstelle und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

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