Die Bestimmung des Risikopotenzials von Finanzkrisen anhand eines Frühwarnindikatorensystems

Seit Mitte der neunziger Jahre brachen in den Ländern Mittel- und Osteuropas mehrere Finanzkrisen aus. Darunter waren mit Bulgarien, Rumänien und der Tschechischen Republik auch Länder, mit denen die EU Beitrittsverhandlungen führt. Die Krisenprävention ist nicht allein wegen der ökonomischen Ansteckungseffekte für die westeuropäischen Länder aufgrund der geografischen Nähe und den engen Handelsverflechtungen mit den Ländern bedeutsam. Vielmehr erhält die Krisenvermeidung mit dem EU-Beitritt auch eine politische Komponente. Insgesamt kommt somit einem Frühwarnsystem zur rechtzeitigen Erkennung von Krisenpotenzialen in den zukünftigen Mitgliedsländern eine hohe Bedeutung zu.

01. November 2002

Autoren Axel Brüggemann Thomas Linne

Vor diesem Hintergrund führt das IWH regelmäßig Untersuchungen des Risikopotenzials für Finanzkrisen in den mittel- und osteuropäischen Ländern durch. Erste Ergebnisse wurden bereits in Band 5 dieser Reihe „Währungskrisen in Mittel- und Osteuropa“ vorgelegt. Seitdem hat das IWH das Instrumentarium und die Methodik zur Bestimmung des Risikopotenzials für Finanzkrisen verfeinert und weiterentwickelt. Die jetzt vorliegende Untersuchung wurde vom IWH im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen durchgeführt. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde ein auf einem Gesamtindikator basierendes Frühwarnindikatorensystem entwickelt, welches die Messung von Risikopotenzialen für Finanzkrisen erlaubt. Nach einem Überblick über die relevante theoretische und empirische Literatur wird die Konstruktion des IWH Frühindikatorensystems vorgestellt. Durch eine geeignete Gewichtung und Bündelung der Informationen von verschiedenen makro- und mikroökonomischen Einzelindikatoren wurde ein Gesamtindikator gebildet, der eine aussagekräftigere Analyse der Risikopotenziale ermöglicht als die zuvor verfolgte Einzelbetrachtung von Indikatoren. In regelmäßigen Untersuchungen wurde dieses Frühindikatorensystem auf die Beitrittskandidatenländer zur EU und andere ausgewählte Staaten Mittel- und Osteuropas angewandt und die dortige Entwicklung des Risikopotenzials bestimmt.

Die Analyse anhand des Frühindikatorensystems und die empirischen Erfahrungen mit Finanzkrisen in anderen Regionen der Welt deuten auf verschiedene Politikbereiche hin, in denen frühzeitiges Handeln von besonderer Wichtigkeit für die Vermeidung von Krisen ist. Hier sind insbesondere die Wahl des Wechselkursregimes, die Ausgestaltung der Fiskalpolitik sowie die Möglichkeiten und Grenzen externer Hilfeleistungen für ein Land mit erhöhter Anfälligkeit zu nennen. Dringlich ist auch, die Wechselwirkungen zwischen Währungskrisen auf der einen Seite und Bankenkrisen auf der anderen Seite zu erkennen. Die vielfältigen Interdependenzen dieser Krisenarten können die wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten beschränken, die einer Regierung gegeben sind. Die wichtigsten Anforderungen in den genannten Bereichen und mögliche wirtschaftspolitische Handlungsalternativen werden deshalb hier einer eingehenden Analyse unterzogen.

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