Inhalt
Seite 1
Institutioneller Rahmen und Datenverfügbarkeit
Seite 2
Zunahme der Kriminalität infolge von Polizeipostenschließungen
Seite 3
Was bedeutet dies für die Politik?
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Endnoten Auf einer Seite lesen

Das Zusammenspiel von Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen

Grundsätzlich ist es für die Gemeinden möglich, die Ausgaben für die öffentliche Ordnung (z. B. für Mitarbeiter im Ordnungsamt) zu erhöhen. Diese Ausgaben sind vom Landeshaushalt für Sicherheit durch Polizeieinheiten unabhängig und haben das Potenzial, die Sichtbarkeit des Staates zu erhöhen. In der Folge der Reform kam es hingegen zu keinem Anstieg der Ausgaben für die öffentliche Ordnung. Interessant ist hingegen, dass nach der Reform weniger private Sicherheitsunternehmen in Schließungsgemeinden beobachtet werden. Private Sicherheitsunternehmen stellen zwar kein Substitut für die Schutzpolizei dar, Postenschließungen könnten jedoch die lokale Nachfrage nach privater Sicherheit erhöhen. Mögliche negative Effekte der Schließungen könnten so abgemildert werden. Obwohl die Anzahl der privaten Sicherheitsfirmen nur eine unvollständige Näherungsgröße für die private Nachfrage nach Sicherheit darstellt, zeigen die Ergebnisse, dass Unternehmen im privaten Sicherheitsbereich von der Nähe zu offiziellen Polizeieinheiten profitieren. Dies kann praktische Gründe haben, beispielweise beim Überführen von Tatverdächtigen. Insgesamt könnte dieser Trend die negativen Effekte durch Polizeipostenschließungen noch verstärken.

Was bedeutet dies für die Politik?

Die neuere Literatur zu Strafverfolgungsaktivitäten und der polizeilichen Präsenz zeigt, dass die Intensität der Straftaten durch die Verfügbarkeit und Sichtbarkeit der Polizei beeinflusst werden kann. Die vorliegende Studie ist eine der ersten, die die Effekte polizeilicher Infrastruktur auf das Kriminalitätsgeschehen analysiert. In einem ähnlichen Rahmen wurde zuletzt ein Anstieg der Kriminalität infolge von weniger polizeilicher Infrastruktur in London gezeigt.3 Ebenfalls für London ist eine Verringerung der Kriminalitätsraten durch die erstmalige Schaffung einer professionellen Polizeibehörde im 19. Jahrhundert belegt.4 Deskriptive Ergebnisse für Buenos Aires bestätigen den abschreckenden Effekt von Polizeiposten auf das lokale Kriminalitätsgeschehen.5 Zusammen mit der Literatur, die disruptive Verschiebungen von Einsatzkräften, beispielsweise aufgrund von Terroralarm oder der Steuerung von Polizeieinsätzen durch computergestützte Vorhersagen von Kriminalfällen („Predictive Policing“), analysiert,6 verdichtet sich die empirische Evidenz der Straftatenreduktion durch eine sichtbare Polizei. Dieser Beitrag zeigt die Bedeutung kommunaler Daseinsvorsorge im Feld der öffentlichen Sicherheit auf. Versuche, die Polizeiinfrastruktur in der Fläche zugunsten vermeintlicher Effizienzgewinne auszudünnen, können mit beträchtlichen Nebenwirkungen – in Form eines Anstiegs an Eigentumsdelikten – einhergehen. Somit können die vorliegenden Ergebnisse Politiker und Praktiker über mögliche ungewollte Nebenwirkungen bei effizienzorientierten Umstrukturierungen von Verwaltungsinfrastrukturen informieren. Diese sollten im Hinblick auf eine effiziente und zukunftsfeste Reorganisation der Polizeistrukturen bedacht werden.

Empfohlene Publikationen

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The Place-based Effects of Police Stations on Crime: Evidence from Station Closures

Sebastian Blesse André Diegmann

in: Journal of Public Economics, March 2022

Abstract

Many countries consolidate their police forces by closing down local police stations. Police stations represent an important and visible aspect of the organization of police forces. We provide novel evidence on the effect of centralizing police offices through the closure of local police stations on crime outcomes. Combining matching with a difference-in-differences specification, we find an increase in reported car theft and burglary in residential properties. Our results are consistent with a negative shift in perceived detection risks and are driven by heterogeneous station characteristics. We can rule out alternative explanations such as incapacitation, crime displacement, and changes in police employment or strategies at the regional level. We argue that criminals are less deterred due to a lower visibility of the local police.

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Außerdem in diesem Heft

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Kommentar: Subventionen für Halbleiter?

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2023

Abstract

Mit dem „European Chips Act“ will die EU mehr als 40 Mrd. Euro ausgeben, um bei systemwichtigen Technologien unabhängiger von China zu werden und im Subventionswettlauf mit den USA nicht zurückzufallen. Doch sowohl das geostrategische Argument als auch die Effizienz und Nachhaltigkeit der Subventionen sind fragwürdig.

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Aktuelle Trends: Wirtschaftswachstum und sinkende CO2-Emissionen schließen sich nicht aus

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2023

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Erneuerbare Energiequellen und energiesparender technischer Fortschritt ermöglichen es, den CO2-Ausstoß einer Volkswirtschaft bei steigendem Bruttoinlandsprodukt zu senken. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen diese Anstrengungen aber noch deutlich verstärkt werden

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Wirtschaftliche Folgen des Gaspreisanstiegs für die deutsche Industrie

Steffen Müller

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 1, 2023

Abstract

Die Gaspreise haben sich in Deutschland infolge des Lieferstopps russischen Erdgases deutlich erhöht, mit möglichen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Wir berechnen den Gasverbrauch auf Produktebene für die Zeit vor der Energiekrise mit Hilfe der Mikrodaten der amtlichen Statistik, um zielgenau abschätzen zu können, bei welchen Produkten eine Drosselung der Produktion zur maximalen Gaseinsparung bei minimalen wirtschaftlichen Verlusten führen würde. Die Verwendung von Mikrodaten zeigt, dass die Folgen für Umsatz und Wertschöpfung in der Industrie bei Weitem nicht so negativ ausfallen werden wie von vielen befürchtet.

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