Inhalt
Seite 1
Einleitung
Seite 2
Lockerungen und steigende Corona-Fallzahlen
Seite 3
Wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen
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Lockerungen und steigende Corona-Fallzahlen

In Deutschland wird gegenwärtig intensiv über die Lockerung von Eindämmungsmaßnahmen diskutiert. In einigen Bereichen wurde bereits gelockert, so dürfen sich vielerorts wieder mehr Menschen treffen, es findet mehr Präsenzunterricht an den Schulen statt, wenn auch mit Einschränkungen, und Einzelhandelsgeschäfte können vermehrt Kunden empfangen. Hierdurch werden wieder mehr ökonomische Mobilität und persönlichen Kontakte zwischen Menschen ermöglicht. Die Kontakthäufigkeit ist allerdings auch ein wesentlicher Einflussfaktor für die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus. Die Lockerungen gehen noch nicht mit einer systematischen Teststrategie einher; und auch der Impffortschritt bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. In der Tat deutet sich somit am aktuellen Rand eine Zunahme der Mobilität (vgl. Abbildung 2) und gleichzeitig ein beschleunigter Anstieg der Neuinfektionen an (vgl. Abbildung 3).

Wie stark die aktuellen Lockerungen die Mobilität und das Infektionsgeschehen in Deutschland verstärken, kann mit Hilfe des empirischen Zusammenhangs zwischen Eindämmungsmaßnahmen, wirtschaftlicher Mobilität und Neuinfektionen aus der Vergangenheit geschätzt werden. Dazu verwenden wir das Modell von Camehl und Rieth (2021)5.6 Wir simulieren ein kontrafaktisches Szenario ohne die Anfang März vorgenommenen Lockerungen, d. h. der Stringency Index wird in diesem hypothetischen Szenario konstant gehalten. Dem stellen wir ein Szenario gegenüber, in dem der Stringency Index um 5% sinkt, was in etwa dessen Rückgang Anfang März entspricht. Ausgewiesen wird die Differenz zwischen diesen beiden Szenarien.

Der Stringency Index sinkt im Vergleich zum Alternativszenario ohne Lockerungen für knapp zwei Wochen unter sein ursprüngliches Niveau (vgl. Abbildung 4). Die Lockerungen sind mit einem rapiden Anstieg der wirtschaftlichen Mobilität verbunden. Im Verlauf der ersten Woche steigt sie kontinuierlich an, um mehr als zehn Prozentpunkte. Sie bleibt etwa einen Monat über dem Niveau, das sie hätte, wenn die Lockerungen nicht durchgeführt worden wären. Die gestiegene Mobilität ermöglicht wieder mehr wirtschaftliche und soziale Aktivität, sodass die negativen Folgen des Lockdowns, etwa im Bereich der Bildung oder der Kultur, gemildert werden und sich die wirtschaftliche Lage der betroffenen Unternehmen wieder stabilisieren kann.

Der Anstieg der Mobilität geht allerdings mit deutlich mehr Neuinfektionen einher. Während die Zunahme der Fälle aufgrund von Inkubations- und Testzeiten anfänglich noch gering ausfällt, steigen die Fallzahlen im Vergleich zum Alternativszenario ohne Lockerung im Verlauf der ersten Wochen immer weiter an. Der Höhepunkt ist nach circa einem Monat erreicht und beträgt etwa ein Viertel mehr Infizierte als ohne die Lockerungen. Erst ganz allmählich gehen die Fallzahlen dann wieder zurück. Selbst nach zwei Monaten sind sie noch höher, als sie ohne die Lockerungen wären.

Mit einer Verzögerung von ungefähr drei Wochen machen sich die zusätzlichen Neuinfektionen in der Anzahl der Todesfälle bemerkbar. Die Anzahl der Personen, die im Zusammenhang mit COVID-19 sterben, steigt erheblich an. Der Anstieg ist proportional zu der erhöhten Anzahl an Infizierten und beträgt etwa 25% nach sechs Wochen. Selbst am Ende des Prognosezeitraums von zwei Monaten liegen die Sterbefälle noch deutlich oberhalb des Verlaufs im Alternativszenario ohne Lockerungen.

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