Editorial
Ulrich Blum
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 7,
2010
Abstract
Am 1. Juli feierten wir 20 Jahre Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion. Sie war ein entscheidender Wegbereiter zur Einheit, die nur drei Monate später vollzogen wurde und damit die Freiheit in Ostdeutschland irreversibel machte. Sie war Folge des Crescendo „Wir sind das Volk“ über ein „Wir sind ein Volk“ zum „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr“.
Viel wird immer noch diskutiert über Alternativen. Artikel 23 des Grundgesetzes kannte nur eine ungeteilte Staatsbürgerschaft, das war eine „glaubhafte Drohung“ und engte den Handlungsspielraum ein, wollte man die kurze Zeit des weltpolitischen „window of opportunity“ nutzen. Die Eile bewirkte ökonomische Kollateralschäden, auf die die Ökonomenzunft und insbesondere der Sachverständigenrat oder die Bundesbank im Jahr 1990 hinwiesen. Hier wurde der Schaden einer fehlenden Vorbereitung deutlich. Gerade die klare Kenntnis der wirtschaftlichen Lage der DDR spätestens seit dem Strauß-Kredit von 1983 hätte im Westen eine politisch-strategische Vorbereitung zeitigen sollen.
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Humankapital im Ost-West-Vergleich: Leichtes Aufholen in den Neuen Bundesländern
Maike Irrek
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 7,
2010
Abstract
Der Humankapitalbestand einer Region bestimmt nicht nur in entscheidendem Maße die gegenwärtige Leistungskraft ihrer Wirtschaft, sondern hat auch beträchtlichen Einfluss auf die zukünftigen produktiven Möglichkeiten, das heißt das Wachstum. Humankapital umfasst die Fähigkeiten und das personenspezifische Wissen der erwerbsfähigen Personen, welches einerseits zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen und andererseits zu deren Weiter- bzw. Neuentwicklung benötigt wird. Die öffentliche Diskussion über die wirtschaftliche Entwicklung Ostdeutschlands greift diesen essentiellen Zusammenhang auf, wenn sie die mittelfristige Entwicklung des Fachkräfteangebots oder die Forschungs- und Entwicklungsintensität der Unternehmen problematisiert. Zur Beurteilung der Situation auf der Aggregationsebene der Neuen sucht werden, den Humankapitalbestand und seine Entwicklung im Zeitverlauf sowie im Vergleich zu Westdeutschland zu schätzen. Das durchschnittliche Humankapital der Erwerbstätigen und des Erwerbspersonenpotenzials wird mit Hilfe des Lohneinkommens für Ost- und Westdeutschland getrennt geschätzt. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass das durchschnittliche Humankapital der Erwerbstätigen von 1995 bis 2004 in Ostdeutschland leicht und in Westdeutschland kaum gestiegen ist, sodass von einem leichten Aufholprozess gesprochen werden kann, der jedoch noch nicht zur Angleichung geführt hat.
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21.07.2010 • 36/2010
Unternehmen aus Technologie- und Gründerzentren überleben nicht länger
Unternehmen, die durch Technologie- und Gründerzentren (TGZ) gefördert werden, haben keine höheren Überlebenschancen als andere neu gegründete Unternehmen. Diesen Schluss legt eine neue Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) nahe, die für fünf ostdeutsche Standorte erstmals die langfristige Entwicklung ehemaliger TGZ-Mieterunternehmen mit einer Kontrollgruppe nicht geförderter Unternehmen vergleicht.
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21.07.2010 • 37/2010
Humankapital im Ost-West-Vergleich: Leichtes Aufholen in den Neuen Bundesländern
Das durchschnittliche Humankapital der Erwerbstätigen ist von 1995 bis 2004 in Ostdeutschland leicht und in Westdeutschland kaum gestiegen. Dies ist das Ergebnis einer heute erscheinenden Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), die – erstmals für Ost- und Westdeutschland getrennt – das Humankapital pro Kopf unter Rückgriff auf die Arbeitseinkommen schätzt. Danach kann von einem leichten Aufholprozess gesprochen werden, der jedoch noch nicht zur Angleichung geführt hat.
Maike Irrek
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15.07.2010 • 35/2010
Ostdeutsche Wirtschaft im Jahr 2010: Krise durchstanden – strukturelle Schwächen bremsen wirtschaftliche Erholung
Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hat tief in der ostdeutschen Wirtschaft eingeschlagen. Die Unternehmen haben zwar ihre Stellung im Wettbewerb mit Anbietern aus den Alten Bundesländern trotz vorübergehend kräftig gestiegener Kosten halten können. Die Produktion ist aber vom Höhepunkt vor der Krise bis zum Tiefstand Anfang 2009 mit −5,8% ähnlich stark wie in Westdeutschland eingebrochen (−6,4%). Seit Mitte 2009 erholt sich die Wirtschaft allmählich. Vor allem die Industrie, die der Krise außerhalb des Finanzsektors am stärksten ausgesetzt war, hat infolge der konjunkturellen Belebung auf den Auslandsmärkten wieder Fahrt aufgenommen. Die Übertragung dieser Impulse auf die Gesamtwirtschaft wird jedoch infolge der geringeren Exportorientierung und des unterdurchschnittlichen Industrialisierungsgrades in Ostdeutschland abgebremst, sodass die Wirtschaft 2010 im Wachstumstempo der Produktion hinter Westdeutschland zurückbleibt.
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Liberalization and Rules on Regulation in the Field of Financial Services in Bilateral Trade and Regional Integration Agreements
Diemo Dietrich, J. Finke, C. Tietje
Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht Nr. 97, Halle (Saale),
2010
Abstract
Die jüngste internationale Finanzkrise hat eine scharfe Debatte um die Ursachen ausgelöst. Liberalisierung und Deregulierung werden hierbei benannt, und Deliberalisierung und Reregulierung scheinen eine natürliche Reaktion zu sein. Aus ökonomischer Perspektive ist diese Schlussfolgerung jedoch nicht berechtigt. Obwohl eine Liberalisierung von Finanzdienstleistungen die Stabilität eines Entwicklungslandes kurzfristig bedrohen kann, so fördert sie doch langfristiges Wirtschaftswachstum wenn gute rechtliche und ökonomische Institutionen die negativen Nebenwirkungen mildern. Um dieses Ziel zu erreichen brauchen Staaten den Politikspielraum zur Implementierung solcher Maßnahmen. Entgegen weitläufiger Meinung ist der Politikspielraum von Staaten keinesfalls übermäßig durch bilateral oder multilateral Abkommen beschränkt. Deren weitreichenden Ausnahmen hinsichtlich der Regulierung erlauben es den Staaten ihren eigenen Weg bei der Regulierung zu verfolgen. Die Herausforderung hierbei besteht vielmehr darin, die entsprechenden Regulierungskapazitäten aufzubauen.
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Mutual Perception of Science and Industry in Innovation Networks – Evidence from East Germany
Jutta Günther, Cornelia Lang
D. Dyker (ed.), Network Dynamics in Emerging Regions of Europe, Imperial College Press,
2010
Abstract
The paper examines how science and industry perceive each other. Cooperation in the field of innovation and research and development has increased in recent years. But comprehensive empirical research on the mutual perception of science and industry is lacking so far. The article presents the results of explorative research based on a number of qualitative interviews with representatives from science and industry on that topic. The interviews were carried out in the Central German Region which is a centre of manufacturing industry especially of chemicals. So the two selected industries are chemical industry (high-tech based) and food processing (low-tech based). The paper provides remarks on the German innovation system. The empirical section summarizes the interview reports. We found only little evidence of conflict of interests between market-oriented industry and science organisations. Cooperation exists and works. The key issue is trust.
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Russland: Überwindung der Krisenfolgen braucht Zeit
Martina Kämpfe
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2010
Abstract
Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte in Russland 2009 um nahezu 8% und damit stärker als in anderen großen Volkswirtschaften der Welt. Die spezifischen Bedingungen für das Wachstum in Russland haben sich im Zuge der Finanzkrise offenbart: Die Entwicklung des Ölpreises ist noch immer von großer Bedeutung, doch wurde die Wirtschaft breiter getroffen. Als besonderes Hemmnis hat sich unter den gegenwärtigen Bedingungen die mangelnde Funktionsfähigkeit des einheimischen Finanz- und Bankensektors für die Kreditversorgung des privaten Unternehmenssektors erwiesen, wodurch die Abhängigkeit der Unternehmen vom ausländischen Kapitalmarkt noch verstärkt wurde. Die Folgen der weltweiten Finanzkrise wurden durch diese institutionellen Schwächen in Russland verschärft und erschweren nun deren schnelle Überwindung. Zwar haben sich in den letzten Monaten im Zuge anziehender Rohstoffpreise und steigender Nachfrage die außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die russische Wirtschaft verbessert; die Binnenwirtschaft wird aber vorerst nur gering expandieren, da die Talfahrt der Investitionen aufgrund der schwachen Ertragslage der Unternehmen und noch unzureichender Finanzierungsbedingungen weiter anhält. Die Überwindung der strukturellen Missstände wird längere Zeit in Anspruch nehmen als die kurzfristige Abfederung der Krisenfolgen über Finanztransfers. Das Bruttoinlandsprodukt wird vor diesem Hintergrund 2010 und 2011 mit Raten zwischen 3% und 4% deutlich geringer zunehmen als im Durchschnitt der letzten Jahre.
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Multinationale Investoren in den Neuen Ländern: Wandel in der Motivlage und differenzierte Wahrnehmung der Standortqualität
Andrea Gauselmann, Björn Jindra
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2010
Abstract
Der vorliegende Beitrag betrachtet zum einen die grundlegenden Investitionsmotive multinationaler Investoren in Ostdeutschland. Zum anderen wird
untersucht, wie diese Investoren die Qualität ausgewählter Standortfaktoren in den Neuen Ländern bewerten. Im Gegensatz zu bisherigen Studien wird die Heterogenität multinationaler Unternehmen in der Analyse eingehend berücksichtigt. Die Untersuchung basiert auf der dritten Befragungswelle der IWH-FDI-Mikrodatenbank aus dem Jahr 2009, die eine repräsentative und umfangreiche Stichprobe multinationaler Investoren in der ostdeutschen Wirtschaft bietet. Die Ergebnisse belegen einen Paradigmenwechsel in der relativen Bedeutung grundlegender Investitionsmotive im Laufe der Transformation in den Neuen Ländern. Seit Mitte der 1990er Jahre ziehen sie verstärkt Investoren an, die auf die Produktdiversifikation oder technologische Vorteile abzielen, statt primär auf Kostenvorteile bei den Produktionsfaktoren oder die Ausdehnung ihrer bestehenden Produktion zu setzen. Dabei unterscheidet sich die Bedeutung der Investitionsmotive in Abhängigkeit vom Herkunftsland, der Art des Markteintritts und dem Wirtschaftszweig des multinationalen Investors. Was die Bewertung der gegebenen Standortfaktoren aus Sicht der Investoren betrifft, so schneidet die Qualität des soziokulturellen Umfelds am besten ab, gefolgt von Faktoren im Zusammenhang mit dem Potenzial für technologische Kooperationen, dem Angebot an Arbeitskräften sowie der Verfügbarkeit staatlicher Förderung. Auch in der Bewertung der Standortfaktoren zeigt sich, dass signifikante Unterschiede in Abhängigkeit vom Herkunftsland, aber auch je nach dem vorrangigen Investitionsmotiv des Investors bestehen. Abschließend identifiziert der Beitrag politischen Handlungsbedarf auf den Feldern Fachkräfteangebot sowie Technologie- und Investitionsförderung, um den Wirtschaftsstandort Neue Länder nachhaltig zu sichern.
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Aktuelle Trends: IWH-Konjunkturbarometer Ostdeutschland
Udo Ludwig, Franziska Exß
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2010
Abstract
Das kräftige Aufbäumen der Konjunktur im letzten Quartal des Krisenjahres 2009 war von kurzer Dauer. Erst im Frühjahr 2010 hat die ostdeutsche Wirtschaft wieder Fahrt aufgenommen. In den ersten Monaten dieses Jahres stagnierte die gesamtwirtschaftliche Produktion in Ostdeutschland. Das Bruttoinlandsprodukt ist nach Berechnung des IWH sogar mit −0,1% leicht gesunken. Ausschlaggebend waren die witterungsbedingten Ausfälle in der Bauwirtschaft, die Umsatzrückgänge des Handels infolge der sinkenden Verkäufe von Kraftfahrzeugen und die andauernde Konsolidierung im Personalbereich des öffentlichen Dienstes.
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