IWH-Insolvenztrend: Mehr Firmenpleiten im Juli

Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer heute veröffentlichten Analyse feststellt, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im Juli deutlich angestiegen. Die Zahl der betroffenen Jobs ging zurück.

Autoren Steffen Müller

Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Juli bei 1 588 (vgl. Abbildung 1). Das sind 12% mehr als im Vormonat, 13% mehr als im Juli 2024 und 64% mehr als in einem durchschnittlichen Juli der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen erreichte damit im Juli einen Wert, der – abgesehen vom Rekordmonat April 2025 – so hoch war wie seit 20 Jahren nicht mehr.

Regional zeigt sich im Juli ein gemischtes Bild: In Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin wurden neue Höchstwerte registriert; auch Bayern liegt nur knapp darunter. In vielen kleineren Bundesländern blieben die Werte unauffällig, im Osten gingen sie sogar zurück.

Schließungen großer Arbeitgeber führen häufig zu erheblichen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den betroffenen Beschäftigten. Die Zahl der von Großinsolvenzen betroffenen Jobs liefert zudem eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze. Laut IWH-Insolvenztrend waren im Juli in den größten 10% der insolventen Unternehmen knapp 10 000 Arbeitsplätze betroffen. Damit liegt die Zahl der betroffenen Beschäftigten deutlich unter dem Niveau von Juni (-39%), jedoch etwa auf dem Niveau von Juli 2024 und dem Juli-Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2).

„Wir sehen im Juli eine auffällig hohe Zahl an Insolvenzen bei gleichzeitig nur moderater Arbeitsplatzgefährdung“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Insolvenzforschung. „Das liegt vor allem daran, dass es wenige Großinsolvenzen gab.“

Ein Teil des Anstiegs im Juli lässt sich laut Müller durch ein bekanntes saisonales Muster erklären: Zum Halbjahr kommt es regelmäßig zu einer erhöhten Zahl von Neuanmeldungen, die sich in den Folgemonaten in der Statistik niederschlagen. Einige Insolvenzen sehr kleiner Unternehmen erscheinen sofort in der Statistik, während größere Fälle mit Verzögerung – häufig erst im Oktober – offiziell eröffnet werden. Hinzu kommt, dass der Juli in diesem Jahr mit 23 Arbeitstagen das Maximum an möglichen Verfahrensterminen bot.

Besonders auffällig im Juli ist der Anstieg bei den Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen in der Regel zwei bis drei Monate vorauslaufen. Sie erreichten den bislang höchsten Stand in der seit Januar 2020 laufenden IWH-Erhebung und lagen rund 8% über dem bisherigen Höchstwert vom Juli 2024. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten pro Fall ist aber auch hier gering. „Die Höhe der Frühindikatoren ist ungewöhnlich und lässt auch für den Herbst hohe Insolvenzzahlen erwarten, die sich jedoch vergleichsweise moderat auf den Arbeitsmarkt auswirken werden“, sagt Insolvenzforscher Müller.

IWH-Insolvenztrend: Hintergrund, Daten, Methodik

Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3).

Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator für das Insolvenzgeschehen und die wirtschaftliche Entwicklung. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.

Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab.

Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet.

Regelinsolvenzen sind also nicht mit Unternehmensinsolvenzen gleichzusetzen. Die Zahl der insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich aufgrund der Vielzahl gesamtwirtschaftlich unbedeutender Insolvenzfälle deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.

Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.

Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.

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