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„Sin Stocks“, Boykott-Risiko und Kompensation ethischer Bedenken
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Zielkonflikt zwischen Moral und Rendite All on one page

Die Studie fragt nun danach, ob ein Zusammenhang gefunden werden kann zwischen der Höhe der Dividendenausschüttungen im Sin-Stock-Portfolio und der Höhe der Renditedifferenz zwischen dem Portfolio der verwerflichen Aktien und dem ethisch korrekten Portfolio. Hierfür werden zunächst Daten über die Dividendenausschüttungen  gesammelt und der Dividendenanteil der Sin-Stocks berechnet. Dieser ist definiert als Dividendensumme, die an Sin-Stocks ausgeschüttet wird, in Relation zur Summe an Dividendenzahlungen in beiden Portfolios. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des Dividendenanteils der Sin-Stocks über den gewählten Zeitraum auf Basis von Quartalen.

Des Weiteren wird der durchschnittliche Unterschied der Rendite sowie der Kursschwankungen zwischen beiden Portfolios über mehrere Investitionszeiträume hinweg berechnet.

Daten zeigen einen Zielkonflikt zwischen Moral und Rendite

Die Untersuchungen zeigen zunächst, dass es sowohl  einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Renditen als auch in den Kursschwankungen beider Portfolios gibt. Verschiedene Tests kommen zu dem gleichen Ergebnis: Die Renditen von Sin-Stocks sind höher, die Schwankungen der Aktienkurse größer. Dieses Ergebnis bestätigt die Vermutung, dass Investoren dafür belohnt werden wollen, dass sie Aktien halten, die nicht ihren ethischen Ansprüchen genügen. Höhere Renditen dienen der Entschädigung für das Investment in Unternehmen, die moralisch verwerflichen Tätigkeiten nachgehen.

Im zweiten Schritt wird die eigentliche Hypothese getestet. Hierbei soll herausgefunden werden, ob höhere Dividendenzahlungen im Zusammenhang mit Unterschieden in den Renditen stehen. Die Untersuchungen zeigen eine eindeutige, positive Wechselbeziehung. Höhere Dividendenanteile bei den Sin-Stocks gehen Hand in Hand mit höheren Renditen des Sünden-Portfolios im Vergleich zu einer aus Sicht der Investoren ethisch korrekten Investition im alternativen Portfolio. Abbildung 2 zeigt das Ergebnis: Je höher der Dividendenanteil der Sünden-Aktien in einem bestimmten Investitionszeitraum, desto größer der vorhergesagte Unterschied in der Rendite beider Portfolios im selben Investitionszeitraum.

Dieses Ergebnis entspricht den vorhergegangenen theoretischen Überlegungen. Sozial verantwortliche Investoren, die gleichzeitig eine starke Abneigung gegenüber Risiken zeigen, werden eine höhere Prämie von Sünden-Portfolios verlangen. Daher gehen höhere Dividendenanteile dieser Portfolios mit höheren Renditen bei den Sin-Stocks im Vergleich zu anderen Portfolios einher. Hierbei ist es wichtig zu betonen, dass gerade das Zusammenspiel beider Faktoren – der Präferenz der Investoren, Sin-Stocks durch ethisch vertretbare Aktien zu ersetzen oder zu ergänzen, sowie ihrer Bereitschaft, Risiken einzugehen – von großer Bedeutung ist. Die Ergebnisse für Investoren im US-amerikanischen Markt deuten darauf hin, dass es sich um Investoren handelt, die Sünden-und Nicht-Sünden-Portfolios als sich ergänzend ansehen und gleichzeitig eine starke Abneigung gegenüber Risiken haben. Genau für diesen Investorentyp prognostiziert das theoretische Modell, das der Datenanalyse vorausgegangen ist, einen positiven Zusammenhang zwischen Dividendenanteilen und Rendite – das Modell wird somit durch die Daten bestätigt.

Modell kann international unterschiedliche Datenlagen erklären

isherige Erklärungsversuche für Unterschiede bei den Renditen haben sich stark auf die Annahme des Boykott-Risikos gestützt. Diese Überlegungen sind jedoch nicht in der Lage, Erklärungen für international unterschiedliche Datenlagen zu liefern. Scheinbar widersprüchliche Befunde – hohe Rendite von Sin-Stocks in Europa und den USA, geringerer Renditevorsprung oder gar kleinere Renditen im asiatisch-pazifischen Raum – können mit der Theorie des Boykott-Risikos nicht erklärt werden. Im Gegensatz dazu ziehtdiese Studie andere Erklärungen in Betracht.

Unterschiede in den Renditen spiegeln den Zielkonflikt zwischen Geld und Moral wider, dem verantwortungsbewusste Investoren ausgesetzt sind. Daneben spielt die Risikobereitschaft der Investoren eine große Rolle. Beide Bedingungen können international unterschiedlich sein und somit regionsspezifische Datenlagen erklären. 

Suggested Reading

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Pricing Sin Stocks: Ethical Preference vs. Risk Aversion

Stefano Colonnello Giuliano Curatola Alessandro Gioffré

in: IWH Discussion Papers, No. 20, 2017
published in: European Economic Review

Abstract

We develop a model that reproduces the return and volatility spread between sin and non-sin stocks, where investors trade off dividends with the ethical assessment of companies. We relax the assumption of boycott behaviour and investigate the role played by the dividend share of sin stocks on their return and volatility spread relative to non-sin stocks. We empirically show that the dividend share predicts a positive return and volatility spread. This pattern is reproduced by our model when dividends and ethicalness are complementary goods and investors are sufficiently risk averse.

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Also in this issue

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Indirekte Effekte von als unfair wahrgenommenem Arbeitgeberverhalten auf die Produktivität von Beschäftigten

Sabrina Jeworrek

in: Wirtschaft im Wandel, No. 3, 2018

Abstract

Jede Organisation, die darüber nachdenkt zu restrukturieren, Löhne zu kürzen oder Angestellte zu entlassen, sollte auch über mögliche Reaktionen der persönlich nicht betroffenen Arbeitnehmer nachdenken. Dieser Beitrag präsentiert Ergebnisse eines Feldexperiments. Es offenbart, dass die als unfair wahrgenommene Handlung des Arbeitgebers – in diesem Fall die Entlassung von Arbeitskollegen – die anschließende Produktivität der nicht direkt betroffenen Arbeitskräfte mindert. Als Teil des Experiments antizipierten erfahrene Personalmanager zwar im Durchschnitt erfolgreich die Konsequenzen unfairen Arbeitgeberverhaltens auf nicht betroffene Arbeitnehmer, einzeln lagen sie jedoch oft daneben.

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Kommentar: 30 Jahre DAX

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, No. 3, 2018

Abstract

Gerade ist der Deutsche Aktienindex DAX 30 Jahre alt geworden, und es gibt viel zu feiern. Preisbereinigt hätte ein Investment von 1 000 Euro, angelegt am DAX-Eröffnungstag 1. Juli 1988, heute einen Wert von über 6 000 Euro, hätte sich also versechsfacht!

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Professor Stefano Colonnello, PhD
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