Gemeinschafts- diagnose Frühjahr 2024

Gegenwind aus In- und Ausland: Institute revidieren Prognose deutlich nach unten

 

27. März 2024

 

Die Wirtschaft in Deutschland ist aus Sicht der fünf führenden Wirtschaftsforschungsinstitute angeschlagen. In ihrem Frühjahrsgutachten revidieren sie ihre Prognose für das laufende Jahr deutlich nach unten und erwarten nun nur noch einen Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 0,1%. Im Herbstgutachten standen noch 1,3% in Aussicht. Für das kommende Jahr belassen sie die Prognose mit +1,4% nahezu unverändert (bislang 1,5%). Die Wirtschaftsleistung fällt dann aber infolge der verzögerten Erholung um über 30 Mrd. Euro niedriger aus.

Laut Gutachten geht eine bis zuletzt zähe konjunkturelle Schwächephase mit schwindenden Wachstumskräften einher. In der lahmenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung überlagern sich konjunkturelle und strukturelle Faktoren. Zwar dürfte ab dem Frühjahr eine Erholung einsetzen, die Dynamik wird aber insgesamt nicht allzu groß ausfallen.

„Im bisherigen Dreiklang aus lahmender Konjunktur, lähmender Politik und leidendem Wachstum ändert sich nur die konjunkturelle Tonlage von Moll auf Dur“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel). Im laufenden Jahr avanciert der private Konsum zur wichtigsten Triebkraft für die Konjunktur, im kommenden Jahr dann vermehrt auch das Auslandsgeschäft.

Derzeit bewegt sich die Wirtschaftsleistung auf einem Niveau, das kaum über dem vor der Pandemie liegt. Seitdem tritt die Produktivität in Deutschland auf der Stelle. Außen- und binnenwirtschaftlich gab es zuletzt mehr Gegen- als Rückenwind.

Der private Konsum zog später und weniger dynamisch an als bislang von der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose erwartet. Die deutschen Ausfuhren gingen trotz steigender weltwirtschaftlicher Aktivität zurück, vor allem, weil die Nachfrage nach den für Deutschland bedeutsamen Investitions- und Vorleistungsgütern schwach war und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit bei energieintensiven Gütern litt. Fortwährende Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik belastet die Unter-nehmensinvestitionen, die sich trotz der erwarteten Belebung im kommenden Jahr dann auf dem Niveau des Jahres 2017 bewegen dürften.

Die Effektivverdienste werden in den Jahren 2024 und 2025 voraussichtlich um 4,6 bzw. 3,4% zulegen. Damit nehmen die Reallöhne über den gesamten Pro¬gnosezeitraum zu und holen die Verluste aus dem Jahr 2022 und dem ersten Halbjahr 2023 langsam wieder auf. Das Niveau von Ende 2021 – also vor dem drastischen Inflationsschub – wird aber voraussichtlich erst im zweiten Quartal 2025 erreicht.

Insgesamt erwarten die Institute einen Anstieg der Verbraucherpreise um 2,3% im laufenden und um 1,8% im kommenden Jahr. Bereinigt um den dämpfenden Effekt der Energiepreise ergeben sich Kerninflationsraten von 2,8 (2024) und 2,3% (2025).

Ein robuster Arbeitsmarkt stützt die konsumbezogenen Auftriebskräfte. Die realen Lohnstückkosten nehmen im Zuge der Lohnsteigerungen zwar wieder deutlich zu, bleiben aber beschäftigungsfreundlich. Die Arbeitslosigkeit dürfte nur noch geringfügig steigen und bereits ab dem Frühjahr wieder sinken. Auf Jahressicht prognostizieren die Institute Arbeitslosenquoten von 5,8% (2024) und 5,5% (2025).

Die Fehlbeträge im gesamtstaatlichen Haushalt gehen in Relation zur Wirtschaftsleistung von 2,1% im Vorjahr auf 1,6% (2024) und 1,2% (2025) zurück. Die Einnahmenquote der öffentlichen Hand erreicht in den beiden Prognosejahren mit 47,5% und 48,4% jeweils gesamtdeutsche Rekordwerte.

Die Gemeinschaftsdiagnose wird erarbeitet vom DIW Berlin, ifo München, IfW Kiel, IWH und RWI Essen.

Vorsprung des Wachstumstempos in Ostdeutschland gegenüber dem im Westen geht zurück

Im Jahr 2023 dürfte die Wirtschaft in Ostdeutschland mit 0,5% expandiert haben, während sie in Deutschland insgesamt um 0,3% geschrumpft ist. Für das Jahr 2024 rechnet das IWH für Ostdeutschland mit einem Zuwachs von wiederum 0,5%, für 2025 mit 1,5%. Die Arbeitslosenquote dürfte im Jahr 2024 laut IWH-Prognose 7,3% und im Jahr darauf 7,1% betragen.

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