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Internationale Konjunkturprognose und konjunkturelle Szenarien für die Jahre 2022 bis 2027

In der vorliegenden Studie werden zunächst die weltweiten konjunkturellen Aussichten für das Ende des Jahres 2022 und für die Jahre 2023 bis 2027 dargestellt. Dabei wird folgender Länderkreis betrachtet: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Niederlande, Polen, Portugal, Slowakei und Spanien.

10. May 2023

Authors Andrej Drygalla Oliver Holtemöller Axel Lindner

Die Weltkonjunktur befindet sich im Abschwung. Der im Februar dieses Jahres ausgebrochene Krieg gegen die Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen Russland haben in Europa, wo die versiegenden Gaslieferungen aus Russland nur zu einem kleinen Teil ersetzt werden können, zu einer Energiekrise geführt. Hohe Inflationsraten haben die US-Notenbank und viele weitere Zentralbanken veranlasst, ihre Geldpolitik entschieden zu straffen. Die Finanzpolitik dürfte im Prognosezeitraum weniger stützend wirken als zuvor, weil Unterstützungsmaßnahmen, die im Zuge der Corona-Pandemie umgesetzt wurden, weitgehend wegfallen. Allerdings werden gegenwärtig vielerorts in Europa Maßnahmen diskutiert und beschlossen, mit denen die Folgen der hohen Inflation für die privaten Haushalte abgefedert werden sollen. In China veranlasst die strikte Null-Covid-Strategie die Regierung immer wieder dazu, wirtschaftliche Aktivitäten durch Lockdowns zu unterbinden. Zudem schwelt in China eine Immobilienkrise, die den Bausektor und das Finanzsystem des Landes belastet. Die sich abschwächende Weltkonjunktur zeigt sich auch darin, dass die Notierungen von Erdöl, Industrierohstoffen und Nahrungsmitteln den Sommer über nachgegeben haben. Ein Sonderfall ist die Gasknappheit in der Europäischen Union und in Großbritannien. Zwar sind die Gaspreise in Europa gegenwärtig niedriger als im Sommer, dennoch zeichnet sich ein erheblicher Schock auf die Terms of Trade, die Handelsbilanz, das Verbraucherpreisniveau und die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Verarbeitenden Gewerbes ab.

Die größten Risiken für die Weltwirtschaft stehen in Zusammenhang mit dem nicht absehbaren Verlauf des Krieges in der Ukraine. Ein Totalausfall russischer Erdgaslieferungen könnte in einigen Ländern dazu führen, dass Erdgas rationiert werden muss. Dies hätte Produktionsausfälle in der Industrie, Einschränkungen im Transport und neuerlich ansteigende Energiepreise zur Folge. Erhebliche weltwirtschaftliche Risiken bringt auch der weltweit starke Anstieg von Zinsen und Rohstoffpreisen mit sich. Schließlich stellt die Corona-Pandemie nach wie vor ein Risiko für die Weltwirtschaft dar. Ein Wiederaufflammen der Infektionszahlen auf der Nordhalbkugel im Winter könnte, vor allem beim Auftreten einer besonders pathogenen Virusvariante, wieder erhebliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens nach sich ziehen.

Die wahrscheinlichste wirtschaftliche Entwicklung in dem betrachteten Länderkreis (Basisszenario) wird anhand grundlegender volkswirtschaftlicher Kennzahlen, etwa der Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts, beschrieben. Es wird auch die Entwicklung für den Fall skizziert, dass die Weltwirtschaft eine ungünstige Wendung nimmt (schweres Negativszenario). Dieses Szenario ist so gewählt, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion in der betrachteten Ländergruppe im Jahr 2023 gemäß der aus dem Modell resultierenden Wahrscheinlichkeitsverteilung nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 1% noch geringer ausfällt.

Im Basisszenario steigt die Produktion im betrachteten europäischen Länderkreis im Jahr 2022 um 3,3% und im Jahr 2023 nur um 0,3%. Im Fall eines schweren Einbruchs geht hier die Produktion im Jahr 2023 um 3,2% zurück. Besonders stark betroffen ist die Produktion in Irland und der Slowakei, aber 6 auch in Spanien und Griechenland. Die deutsche Produktion wird vom weltwirtschaftlichen Schock zwar deutlich stärker als die Chinas und der USA, aber gemessen am Durchschnitt der in dieser Studie betrachteten europäischen Ländergruppe relativ wenig reduziert. Die länderspezifischen Szenarien erlauben auch eine Antwort auf die Frage, wie stark die deutsche Wirtschaft von dem Wirtschaftseinbruch eines bestimmten Landes aus dem europäischen Länderkreis betroffen ist. Um 0,5 Prozentpunkte fällt dabei der Wachstumsverlust in Deutschland bei einem starken Produktionseinbruch in Italien, den Niederlanden und Großbritannien aus. Umgekehrt führt ein schwerer konjunktureller Einbruch in Deutschland im selben Jahr zu einem spürbaren Rückgang des Produktionszuwachses in den anderen Volkswirtschaften des betrachteten Länderkreises.

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