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Ein Aufwärtsrisiko für die Prognose liegt darin, dass sich die deutsche Konjunktur besser als erwartet entwickeln könnte, falls die Inflation rascher zurückginge und die Leitzinsen früher als erwartet wieder gesenkt würden. Auch besteht die Möglichkeit, dass das Produktionspotenzial höher ist als von den Instituten geschätzt. In diesem Fall wären die Kapazitätsbeschränkungen weniger gravierend und die Möglichkeiten für eine wirtschaftliche Expansion größer. Dem stehen jedoch erhebliche Abwärtsrisiken gegenüber. Eines davon besteht darin, dass die Energiepreise erneut erheblich steigen. In einem solchen Fall könnte sich der Abschwung verschärfen oder verlängern. Ferner stellen die konjunkturelle Entwicklung in China und die sich abzeichnenden neuen Handelskonflikte zwischen der EU und China auf dem Gebiet der Elektrofahrzeuge eine Gefahr für die exportorientierte deutsche Wirtschaft dar.

Auch sorgt das politische Management der Energiewende für große Unsicherheit. Sollte die Politik fortgesetzt werden, die Emissionsreduktionsziele durch kleinteilige Eingriffe in die Entscheidungen der Unternehmen und Haushalte zu erreichen statt auf effiziente marktwirtschaftliche Instrumente wie einen hinreichend hohen CO2-Preis und Zertifikatehandel zu setzen, würde die Energiewende letztlich teurer. Ein zunehmender Teil der Investitionen von Unternehmen und privaten Haushalten fließt in den Klimaschutz. Zwar wird dadurch der Ausstoß von Treibhausgasen reduziert, und Deutschland kommt seinen Emissionszielen näher. Die dafür notwendigen Investitionen sind aber vielfach vorzeitige Ersatzinvestitionen, die den Kapitalstock nicht erweitern. Simulationen zeigen, dass deshalb das Produktionspotenzial zum Ende des Jahrzehnts mit hoher Wahrscheinlichkeit gedämpft wird. Das Ausmaß der Einbußen hängt unter anderem davon ab, mit welcher Geschwindigkeit die erneuerbaren Energien ausgebaut werden und wie flexibel die Unternehmen ihren Energieeinsatz bei der Produktion anpassen können.

Der Umbau des Kapitalstocks kann leichter gelingen, wenn die Investitionsbereitschaft ohnehin hoch ist. Dafür ist es notwendig, die Standortbedingungen insgesamt und nicht nur für einzelne Unternehmen oder Wirtschaftszweige zu verbessern. So weisen einige Indikatoren zur Standortqualität auf Verbesserungsmöglichkeiten in den Bereichen Abgaben, Klimapolitik und Arbeitsmarkt hin. Zur Verbesserung der Investitionsbedingungen ist das Wachstumschancengesetz geplant. Die Maßnahmen des Gesetzes sind grundsätzlich geeignet, Investitionen zu fördern und somit das Wirtschaftswachstum zu erhöhen. Mit einem geplanten Gesamtvolumen von jährlich knapp 7 Mrd. Euro ist der Umfang allerdings gering. Zudem verschlechtern die im Regierungsentwurf des Gesetzes vorgesehenen Steuersenkungen die Finanzsituation der Kommunen. Daher besteht die Gefahr, dass sie Investitionen zurückstellen.

Verunsicherung geht allerdings nicht nur von der Wirtschaftspolitik aus. Derzeit gerät etwas in Gefahr, das bis vor Kurzem in Deutschland als selbstverständlich galt: nämlich ein gesellschaftliches Klima, welches Haushalten und Unternehmen das Vertrauen gibt, dass die Grundregeln unserer Gesellschaft allgemein akzeptiert werden, und dass diese Grundregeln deshalb auch in Zukunft Bestand haben werden. Darunter fallen Selbstverständlichkeiten wie der Respekt vor allen Mitmenschen und vor dem Eigentum und der Handlungsfreiheit anderer. Seit einiger Zeit gewinnt extremes Gedankengut an Boden, welches diese Selbstverständlichkeiten in Frage stellt. Mögen die unmittelbaren Konjunkturrisiken dieser Tendenz auch begrenzt sein, so gehen von ihr doch erhebliche Risiken für die langfristigen Wachstums- und Wohlstandsaussichten aus.

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