Inhalt
Seite 1
Kinder wirken negativ auf den Arbeitsmarkterfolg von Müttern aus
Seite 2
Mütter ohne Abitur profitieren stark vom erleichterten Zugang zu frühkindlicher Betreuung
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Noch mehr Kita-Plätze schaffen und Zugangsbarrieren beseitigen
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Hauptergebnis: Mütter ohne Abitur profitieren stark vom erleichterten Zugang zu frühkindlicher Betreuung

Neun Monate nach der Basisbefragung, als die Kinder ein bis zwei Jahre alt waren, stieg durch die Unterstützungsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit für Eltern ohne Abitur, einen Kita-Platz in Anspruch zu nehmen, um 16 Prozentpunkte.12 Dieser deutliche Anstieg ist neben einer höheren Bewerbungswahrscheinlichkeit auch darauf zurückzuführen, dass Eltern ohne Abitur, die die Unterstützungsmaßnahmen erhielten, während des Bewerbungsverfahrens häufiger eine Kita vor Ort besuchten. Auf die Kita-Platz-Inanspruchnahme für Eltern mit Abitur hatten die Maßnahmen hingegen keine Auswirkung.

Wie wirkt sich dies nun langfristig auf das Arbeitsangebot der Mütter aus? In der Abbildung wird gezeigt, wie sich der erleichterte Zugang zu frühkindlicher Betreuung auf die Wahrscheinlichkeit auswirkt, dass Mütter in Vollzeit tätig sind.

Die Abbildung zeigt, dass 18 Monate nach der Basisbefragung – als die Kinder zwei bis drei Jahre alt waren – die Wahrscheinlichkeit, dass Mütter ohne Abitur in der Behandlungsgruppe in Vollzeit arbeiten, um neun Prozentpunkte gestiegen ist (hellblauer Balken). In der Kontrollgruppe arbeiteten nur 6% der Mütter ohne Abitur in Vollzeit. Dies bedeutet, dass sich durch unsere Unterstützungsmaßnahmen die Quote der Vollzeitbeschäftigung um mehr als 150% erhöht hat. Bei Familien mit höherem Bildungsabschluss hatte die Unterstützung bei der Kita-Bewerbung dagegen keine Effekte auf die Vollzeiterwerbstätigkeit (dunkelblauer Balken), sodass sich durch die Unterstützungsmaßnahmen der Unterschied zwischen den Vollzeitbeschäftigungsquoten von Müttern mit und ohne Abitur (grauer Balken) um die Hälfte verringerte.

Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein beträchtlicher Anteil von Müttern gern Vollzeit arbeiten würde, dies aber aufgrund von Barrieren beim Zugang zu frühkindlicher Betreuung nicht in die Tat umsetzen kann. Tatsächlich geht der Effekt unserer Unterstützungsmaßnahmen auf die Vollzeitbeschäftigung auf diejenigen Mütter zurück, die zu Beginn der Studie (d. h. vor dem Angebot der Unterstützung) angaben, nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten zu wollen. Zudem beobachten wir besonders ausgeprägte Effekte für Mütter, die in ihren alten Job zurückkehren können.

Die Beschäftigungseffekte wirkten sich deutlich auf die finanziellen Verhältnisse der unterstützten Familien aus. In diesen Familien war das Einkommen der arbeitenden Mütter ohne Abitur um 22% höher, das Haushaltseinkommen stieg um 10%. Diese Einkommenseffekte sind deutlich höher als die direkten Kosten für einen Kitaplatz, die Ausweitung des mütterlichen Arbeitsangebots ist also kein „Nullsummenspiel“.13

Wir stellten auch fest, dass der erleichterte Zugang zu frühkindlicher Betreuung in bildungsferneren Haushalten dazu führte, dass sich die Ungleichheit zwischen Müttern und Vätern in mehreren Dimensionen verringerte. So war in den unterstützten Familien die Wahrscheinlichkeit einer Rollenverteilung, bei der der Vater Vollzeit und die Mutter höchstens Teilzeit arbeitet, um 20% geringer. Auch der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen fiel innerhalb der Haushalte um rund ein Drittel kleiner aus. Gleichzeitig kümmerten sich die Väter mehr um die Kinder, wodurch die Ungleichheit zwischen Müttern und Vätern bei den Betreuungszeiten um 30% abnahm. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass der Zugang zu universeller Kinderbetreuung dabei helfen kann, die Geschlechtergerechtigkeit in der Gesellschaft zu erhöhen.

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Noch mehr Kita-Plätze schaffen und Zugangsbarrieren beseitigen

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