Die Zukunft des Generationenvertrages Aktuelle Reformvorhaben und mögliche Entlastungspotentiale

Das System der gesetzlichen Rentenversicherung steht bereits heute vor ernsthaften Finanzierungsproblemen, die mittel- und langfristig noch erheblich wachsen dürften. So ist bei unverändertem Rentenniveau von gut 70 vH des Durchschnittsverdienstes zukünftig ein deutlicher Anstieg der Beitragssätze zu erwarten. Der Anstieg der Lohnnebenkosten verteuert den Faktor Arbeit und führt zu Beschäftigungsverlusten, so daß die Finanzierungsbasis der Rentenversicherung weiter erodiert.

01. Dezember 1998

Autoren Christian Dreger Jürgen Kolb

Als Lösung der Probleme werden in der öffentlichen Debatte verschiedene Reformstrategien diskutiert. Zwei wichtige Optionen sind die Einführung einer demographischen Komponente, die bei einer alternden Bevölkerung eine Abschwächung künftiger Rentensteigerungen bewirkt und die Ergänzung des praktizierten Umlageverfahrens durch einen Kapitalstock. Beide Vorschläge hat das IWH bezüglich ihrer Konsequenzen auf Wachstum und Beschäftigung untersucht. Die Ergebnisse sind in der IWH-Forschungsreihe 9/1998 veröffentlicht worden.
Die Rechnungen werden auf der Basis eines makroökonometrischen Simulationsmodells durchgeführt. Sie zeigen zum einen, daß die Beitragssätze von derzeit rund 20 vH auf knapp 28 vH im Jahr 2030 steigen, falls Reformmaßnahmen in der Rentenversicherung unterbleiben. Der Einbau einer demographischen Komponente kann die Beitragssteigerungen zwar dämpfen, aber nicht wesentlich reduzieren. So beträgt die Entlastung der Beitragszahler an der Spitze der Entwicklung gut 2 Prozentpunkte, wenn das Rentenniveau sukzessive auf 64 vH sinkt.

Die Beitragssätze lassen sich aber auf dem gegenwärtigen Stand halten, wenn zusätzlich zur demographischen Komponente ein Kapitalstock in der Rentenversicherung eingeführt wird. Dieser wird durch Steuererhöhungen finanziert, die so bemessen sind, daß der Kapitalstock am Ende der Simulationsperiode vollständig aufgezehrt ist. Dabei erweist sich eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 2,4 Prozentpunkte als relativ günstigste Strategie. Zwar sind mit der Steuererhöhung kurzfristig kontraktive Effekte auf Produktion und Beschäftigung verbunden. In der langen Frist dominieren jedoch die expansiven Wirkungen, weil Defizite der Rentenversicherung aus dem Kapitalstock abgegolten werden und Beitragssteigerungen nicht mehr erforderlich sind. Am Ende der Simulationsperiode zeigt sich so ein Beschäftigungszuwachs von etwa 600.000 Arbeitsplätzen, der den Reformmaßnahmen zuzuschreiben ist.

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