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Die Wirtschaft in Deutschland ist angeschlagen. Eine bis zuletzt zähe konjunkturelle Schwächephase geht mit schwindenden Wachstumskräften einher. In der lahmenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung überlagern sich somit konjunkturelle und strukturelle Faktoren. Zwar dürfte ab dem Frühjahr eine Erholung einsetzen, die Dynamik wird aber insgesamt nicht allzu groß ausfallen. Derzeit bewegt sich die Wirtschaftsleistung auf einem Niveau, das kaum über dem vor der Pandemie liegt. Seitdem tritt die Produktivität auf der Stelle, und die inzwischen um über 600 000 höhere Zahl der Erwerbstätigen kompensiert im Wesentlichen nur die niedrigere durchschnittlich geleistete Arbeitszeit. Hierbei spielt allerdings auch der gegenüber dem Trend weiterhin stark erhöhte Krankenstand eine Rolle. Sofern sich dieser – wie von den Instituten unterstellt – bis zum Ende des kommenden Jahres zurückbildet, steht wieder ein um 1,5% höheres Arbeitsvolumen zur Verfügung

Das von den Instituten im vergangenen Herbst bereits für das Winterhalbjahr erwartete Anziehen der Wirtschaftsleistung ist ausgeblieben, auch wenn sich der private Konsum als leicht stützend erwiesen hat. Außen- wie binnenwirtschaftlich gab es mehr Gegen- als Rückenwind. So sind die deutschen Ausfuhren gesunken, während die weltwirtschaftliche Aktivität bis zuletzt gestiegen ist. Dies liegt vor allem daran, dass die für die deutschen Exportunternehmen bedeutsame Nachfrage nach Investitions- und Vorleistungsgütern schwach blieb. Insbesondere bei energieintensiven Gütern hat auch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit gelitten, und Produktion ist ins Ausland abgewandert.

Die Investitionstätigkeit hat sich nun stärker der stagnierenden Konjunktur angepasst. Noch etwas schwächer als erwartet zeigte sich zuletzt die Bauaktivität, insbesondere im Wohnbau. Die in den vergangenen drei Jahren kräftig angeschwollenen Neubaupreise lassen beim derzeitigen Zinsniveau nur noch sehr wenige Projekte rentabel erscheinen. Deutlich eingetrübt hat sich das Bild für die Ausrüstungsinvestitionen, die bis zum dritten Quartal 2023 – entgegen der stagnierenden Konjunktur – aufwärts gerichtet blieben, im vierten Quartal aber einbrachen. Offenbar wurden dort zunächst noch begonnene Projekte fertiggestellt und Aufträge abgearbeitet, die in der postpandemischen Phase infolge von Engpässen nicht bedient werden konnten.

Insgesamt haben sich die hohen Auftragsbestände in der Industrie als weniger stabilisierend erwiesen, als von den Instituten erwartet worden war. So sind zwar die ausgewiesenen Auftragsreichweiten weiterhin hoch, gleichzeitig sind aber die industriellen Produktionskapazitäten unterausgelastet. Dies kann – neben unerfassten Stornierungen – auf mangelnde Profitabilität der zuvor in erheblichem Umfang hereingenommen Aufträge hindeuten.

Auch gesamtwirtschaftlich sind infolge der seit fast zwei Jahren stotternden Konjunktur die Produktionskapazitäten nunmehr merklich unterausgelastet. Die Differenz zwischen umfragebasierten Daten zur Kapazitätsauslastung und der von den Instituten geschätzten Produktionslücke hat sich deutlich zurückgebildet. Die verbliebene Diskrepanz am aktuellen Rand ist weitgehend durch den überhöhten Krankenstand, der die Produktionsmöglichkeiten temporär einschränkt, erklärbar. Seit Mitte des vergangenen Jahres zeigen beide Maße eine rückläufige Auslastung unterhalb des Normalniveaus an, so dass seitdem substanziell von einer Konjunkturkrise die Rede sein kann.

Zeitlich verzögert und in abgeschwächter Form hat das konjunkturelle Grundmuster, das die Institute im vergangenen Herbstgutachten gezeichnet hatten, im Prognosezeitraum weiterhin Bestand. Im laufenden Jahr avanciert der private Konsum zur wichtigsten Triebkraft für die Konjunktur. Nachdem der ab Mitte 2021 einsetzende Teuerungsschub die Massenkaufkraft zwei Jahre lang drastisch geschmälert hatte, steigen die real verfügbaren Einkommen nun wieder deutlich. Zum einen bildet sich der kräftige Preisauftrieb weiter zurück, zum anderen werden nun mehr und mehr höhere Lohnabschlüsse wirksam, die zunächst nur verzögert an die hohe Geldentwertung angepasst werden konnten. Zudem schlägt auch bei den monetären Sozialleistungen in beiden Prognosejahren wieder ein deutliches reales Plus zu Buche, nachdem diese in realer Rechnung im Vorjahr – nach zwei Minusjahren in Folge – stagniert hatten. Damit fließt insgesamt mehr Kaufkraft an private Haushalte, die eine höhere Ausgabenneigung haben.

Kaum verändert ist auch das Bild für die Bauinvestitionen, die insbesondere unter dem sehr schwachen Wohnbau leiden, der erst in der zweiten Hälfte des Prognosezeitraums – nach dann vier rückläufigen Jahren in Folge – nur langsam und auf dürftigem Niveau expandieren dürfte. Deutlich getrübt ist nun aber der Ausblick für die Unternehmensinvestitionen. Nicht nur der Wirtschaftsbau geht durch ein tieferes Tal, auch die Ausrüstungsinvestitionen expandieren zunächst deutlich schwächer und auf niedrigem Niveau; auch deshalb, weil die fortwährende Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik den Attentismus unter den Unternehmen nährt. Eine durchgreifende Verbesserung des Investitionsklimas ist daher nicht in Sicht. So bewegen sich die Unternehmensinvestitionen trotz der erwarteten Belebung im kommenden Jahr dann auf dem Niveau des Jahres 2017.

Nach wie vor gehen die Institute davon aus, dass sich das Verhältnis aus Welthandel und Weltproduktion allmählich normalisiert. Im Zuge eines wieder stärkeren Gleichlaufs sollten sich auch für deutsche Exporteure die Absatzaussichten aufhellen, insbesondere in den für sie bedeutsamen Güterkategorien. Impulse für die Konjunktur sind von dieser Seite aber nicht vor Mitte des laufenden Jahres zu erwarten. Während in diesem Jahr die konsumbezogenen Auftriebskräfte dominieren, trägt im kommenden Jahr vermehrt das Auslandsgeschäft die Konjunktur.

Die Fehlbeträge im gesamtstaatlichen Haushalt gehen in Relation zur Wirtschaftsleistung von 2,1% im Vorjahr auf 1,6% (2024) und 1,2% (2025) zurück. Die Einnahmenquote der öffentlichen Hand erreicht in den beiden Prognosejahren mit 47,5% und 48,4% jeweils gesamtdeutsche Rekordwerte. Gemessen sowohl an den von den Instituten unterstellten finanzpolitischen Maßnahmen als auch an der Veränderung des strukturellen Primärsaldos wirkt die Finanzpolitik im laufenden Jahr kontraktiv und im kommenden Jahr nahezu neutral. Die Geldpolitik dürfte trotz des zur Mitte des laufenden Jahres einsetzenden Zinssenkungspfades zunächst weiterhin dämpfend wirken, da die Nominalzinsen voraussichtlich kaum stärker sinken als der Preisauftrieb.

Alles in allem revidieren die Institute ihre Prognose für die Veränderung des Bruttoinlandsprodukts im laufenden Jahr gegenüber ihrem Herbstgutachten deutlich um 1,2 Prozentpunkte nach unten auf nunmehr 0,1%. Die Prognose für die Rate im kommenden Jahr bleibt mit 1,4% nahezu unverändert (Rücknahme um 0,1 Prozentpunkte), geht aber mit einem um über 30 Mrd. Euro geringeren Volumen der Wirtschaftsleistung einher. Die Werte für die jahresdurchschnittliche Veränderung überzeichnen allerdings die Unterschiede in der konjunkturellen Dynamik beider Jahre, die ausweislich der jeweiligen Verlaufsraten mit 1,0% und 1,5% weniger ausgeprägt sind. Gleichwohl verlagert sich die Erholung nunmehr stärker in das kommende Jahr.

Die Phase sehr hoher Teuerungsraten ist seit Mitte des vergangenen Jahres ausgestanden. Bei rückläufigen Preisen für Energierohstoffe prägt vor allem der heimische Preisauftrieb das Inflationsgeschehen im Prognosezeitraum. Kennzeichnend dürfte zunächst ein überdurchschnittlicher Anstieg der Dienstleistungspreise bleiben, da diese zuvor deutlich hinter dem allgemeinen Preisauftrieb zurückgeblieben waren und sich nun nach und nach die knappheitsgerechten Preisrelationen wieder einstellen. Zudem machen sich steuerliche Änderungen (Umsatzsteuer auf Gas und in der Gastronomie, CO2-Abgabe) und wegfallende Subventionen (Netzentgelte, Energiepreisbremsen) preiserhöhend bemerkbar. Insgesamt erwarten die Institute einen Anstieg der Verbraucherpreise um 2,3% im laufenden und um 1,8% im kommenden Jahr. Bereinigt um den dämpfenden Effekt der Energiepreise ergeben sich Kerninflationsraten von 2,8% (2024) und 2,3% (2025).

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